Portrait von Sascha Raabe
Sascha Raabe
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Sascha Raabe zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Anne P. •

Frage an Sascha Raabe von Anne P. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Dr. Raabe,

Wir sind drei Studenten von der FH Deggendorf, studieren Internationales Management und werden am 29.11. einen Vortrag mit anschließender Diskussion zum Thema „Brain Drain – Brain Gain“ halten.

Diesbezüglich haben wir einige Fragen an Sie:

1. Wie hoch schätzen Sie die negativen Folgen von Brain Drain für Deutschland ein?

2. Kann der Verlust von hochqualifizierten deutschen Arbeitskräften durch den Einsatz von ausländischen Fachkräften kompensiert werden?

3. Die Arbeitslosenquote in Deutschland ist hoch, deshalb erschweren strenge Auflagen die Einstellung ausländischer Fachkräfte. Der Konflikt dabei ist, dass oftmals der Bedarf an hochqualifizieren Arbeitskräften nicht (mehr) von dem deutschen Arbeitsmarkt gedeckt werden kann und Unternehmen aber auf diese angewiesen sind, um in Zeiten der Globalisierung wettbewerbsfähig zu bleiben.
Welche Ansätze sind in Berlin vorhanden, um diesen Konflikt zu lösen? Was ist Ihre persönliche Meinung dazu?

4. Was wären Ihrer Meinung nach geeignete Maßnahmen, sodass die deutsche Wirtschaft von dem Brain Drain- bzw. Brain Gain-Trend profitieren könnte?

Wir freuen uns auf Ihre Antwort!

Mit freundlichen Grüßen

Anne Polinski, Kerstin Liebl, Mandy Hubrig

Portrait von Sascha Raabe
Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Polinski, Frau Liebl und Frau Hubrig,

zuerst einmal möchte ich mich für Ihre Fragen bedanken. Es freut mich, dass junge Akademikerinnen wie Sie sich für dieses wichtige Thema interessieren.

Nun zu Ihren Fragen.

Ob und in welchem Maße wir momentan überhaupt von negativen Folgen durch Abwanderung von Hochqualifizierten sprechen können, ist fraglich. Es gibt derzeit keine genauen Daten über die Zahl von Auswanderern. Es steht zudem i.d.R. nicht fest, ob die Auswanderung zeitlich begrenzt ist oder endgültig. Darüber hinaus müsste die Zahl der Auswanderer mit der Zahl der Einwanderer verglichen werden, um eine aussagekräftige Bilanz ziehen zu können.

Eine zufriedenstellende Antwort auf diese Frage zu geben ist folglich zurzeit nicht möglich.

Es wäre zwar denkbar, einen möglichen Fachkräfteverlust von deutschen Arbeitskräften durch Auswanderung mit einer Einwanderungspolitik zu kompensieren. Unser vorrangiges politisches Ziel muss die Ausbildung von qualifizierten Fachkräften und deren Einsatz hier in Deutschland sein. Darüber hinaus kann ein möglicher Bedarf an weiteren Fachkräften durch eine gesteuerte Zuwanderung geregelt werden. Die Zuwanderung von Hochqualifizierten kann also nur eine Ergänzung zu dieser Politik sein – sie darf sie aber keinesfalls ersetzen. Fakt ist, dass durch den demografischen Wandel der Bedarf an ausländischen Hochqualifizierten noch weiter zunehmen wird und deren Zuwanderung somit unverzichtbar für die ökonomische Entwicklung Deutschlands werden wird. Daher brauchen wir für die Zukunft ein flexibles Zuwanderungssystem, damit wir mögliche negative Konsequenzen aus dem Bevölkerungsrückgang verhindern können.

Eine bereits beschlossene, geeignete Maßnahme um vermehrt ausländische Akademikerinnen und Akademiker nach Deutschland zu lotsen ist zum Beispiel die Exzellenz-Initiative der Bundesregierung Hochschulen und Hightech-Strategien mit einem Gesamtvolumen von 6 Milliarden Euro zu finanzieren. Diese Investitionen werden mittelfristig einen weiteren Einwanderungsschub von Akademikerinnen und Akademikern bewirken.

Mit der Verabschiedung des Zuwanderungsgesetzes wurden die Möglichkeiten der arbeitsmarktbezogenen Immigration erheblich verbessert. Dabei orientierte man sich an den Erfordernissen des Wirtschaftsstandortes Deutschland und den Verhältnissen und spezifischen Besonderheiten des deutschen Arbeitsmarktes. Aus diesem Grund hat man auch die aufenthaltsrechtlichen Bedingungen für Hochqualifizierte und deren Familienangehörige erleichtert. Sie können schon bei der Einreise eine (unbefristete) Niederlassungserlaubnis erhalten, für Selbstständige bereits nach drei Jahren. Auch ausländische Studierende profitieren von den Neuerungen. Nach Ablauf ihres erfolgreich abgeschlossenen Studiums haben sie bis zu einem Jahr Zeit, einen passenden Job zu finden, um dauerhaft in Deutschland bleiben zu können. Parallel wurde jedoch der Anwerbestopp für Nicht- und Geringqualifizierte beibehalten.

Das neue Zuwanderungsgesetz stellt eine Art Paradigmenwechsel in Bezug auf die Immigration von Hochqualifizierten dar – vom bisherigen restriktiven Zuwanderungsrecht hin zu einer gezielten Einwanderung von qualifizierten Arbeitskräften. Damit wird Einwanderungswilligen eine Zukunftsperspektive in Deutschland geboten.

Leider ist das Phänomen der Auswanderung von Hochqualifizierten bisher wissenschaftlich nur unzureichend erforscht. Umso mehr hoffe ich, dass Sie sich auch weiter mit dieser äußerst aktuellen Problematik auseinandersetzen werden.

Für Ihren Vortrag möchte ich Ihnen des Weiteren empfehlen, sich mit der Arbeit von Prof. Dr. Klaus Bade zu beschäftigen. Er ist einer der wenigen Experten auf dem Gebiet der Migrationsforschung.

Ich hoffe, ich konnte Ihre Fragen beantworten, wünsche Ihnen viel Erfolg für Ihren Vortrag und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Dr. Sascha Raabe