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Sascha Raabe
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Frage von Dr. Lienhard W. •

Frage an Sascha Raabe von Dr. Lienhard W. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Lieber Herr Raabe!

Im Europawahlkampf hat die SPD angeprangert, daß große Konzerne wie Google kaum Steuern zahlen. Gut so.

Dazu habe ich eine Frage:

Warum blockiert Olaf Scholz hinter den Kulissen die Versuche, Steuertransparenz zu schaffen durch das öffentliche COUNTRY-BY-COUNTRY-REPORTING?

Was tun Sie als Fraktionsmitglied gegen dieses doppelte Spiel unseres Finanzministers?

Zu den Einzelheiten:

Finanzminister Olaf Scholz, SPD, verhindert laut Nachrichtenmagazin Monitor vom 23. Mai 2019 eine europäische Initiative für mehr TRANSPARENZ. Danach sollten Unternehmen ÖFFENTLICH machen, in welchem Land sie welchen Gewinn machen und wie viel Steuern sie darauf zahlen – ein wirksames Mittel gegen Steuertricksereien, das jetzt von Deutschland und seinem SPD-Finanzminister blockiert wird.

Warum verhindert SPD-Finanzminister Scholz öffentliche Steuertransparenz, indem er die Steuertricks der Großkonzerne unsichtbar bleiben läßt?

Warum blockiert Genosse Scholz hinter den Kulissen die offiziellen Ziele der SPD, die er doch selbst mitbeschlossen hat?

Wie steht die Fraktion dazu?

Anders gefragt: Warum wirbt die SPD überhaupt noch damit, daß sie mehr Transparenz will durch das öffentliche COUNTRY-BY-COUNTRY-REPORTING, wenn SPD-Finanzminister Scholz mit seinem PRÜFVORBEHALT die öffentliche Steuertransparenz blockiert?

Vielleicht können Sie verstehen, daß ich als Wähler dieses doppelte Spiel zynisch finde und mich ähnlich verschaukelt fühle (wie auch bei Scholzens Ablehnung der Bodenwertsteuer, die ein Schutz gegen Bodenspekulation sein könnte). Herr Scholz wäre, so ist mein Eindruck, in der CDU besser aufgehoben.

Wie beurteilen Sie dieses doppelte Spiel unseres SPD-Finanzministers? Wie stehen Sie als Abgeordneter der SPD zur Steuertransparenz?

Beste Grüße
Ihr
Lienhard W.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr W.,

vielen Dank für Ihr Schreiben auf abgeordnetenwatch.de, indem Sie kritisieren, dass sich Bundesfinanzminister Olaf Scholz als Vertreter der Bundesregierung ablehnend gegenüber einem Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission zur länderspezifischen Berichterstattung über die Steuerzahlungen großer Konzerne geäußert hat.

Bedenken hat er dabei nicht gegen die länderspezifische Berichterstattung, sondern gegen die Veröffentlichung der Angaben angeführt. Die Pflicht zu einer länderspezifischen Berichterstattung zwischen den Finanzbehörden existiert bereits. Wir halten die Vorschläge der Kommission und des Europäischen Parlamentes für geeignet gegen Steuerflucht und Steuervermeidung vorzugehen. Gegen unzulässige Steuervermeidungsmodelle und Machenschaften wie die des Panama-Papers-Skandals, ist Transparenz das richtige Mittel, um Unternehmen in die Pflicht zu nehmen und um zu zeigen, dass der Staat die Einhaltung der Steuerpflicht ernst nimmt. Dafür ist Transparenz und Kontrolle erforderlich. Die Skandale der letzten Zeit haben zudem gezeigt, dass nur dank Whistleblowern Steuervermeidungs- und Steuerhinterziehungspraktiken öffentlich wurden, weshalb wir deren Schutz verbessern müssen.

Eine Einigung innerhalb der Bundesregierung konnte nicht erreicht werden, so dass eine Abstimmung im Rat zur Richtlinie bisher offen blieb. Grund ist, dass CDU und CSU die in der EU-Richtlinie enthaltenen Regelungen zu weit gehen und die Union transparentere Regelungen nicht will. Dies ist auch weiterhin der Fall. Deshalb besteht innerhalb der Bundesregierung weiterhin Uneinigkeit. Wer also zurecht mehr Transparenz und Steuergerechtigkeit fordert, lieber Herr W., der sollte sich an CDU/CSU wenden, die weitergehende, notwendige Regelungen verhindern.

Angesichts der unterschiedlichen Standpunkte hat Bundesfinanzminister Olaf Scholz die Bedenken gegen die Veröffentlichung der Daten angeführt. So besteht seiner Auffassung nach die Möglichkeit, dass die veröffentlichten Angaben - gerade von der Öffentlichkeit - falsch interpretiert werden. Eine geringe Steuerzahlung trotz hoher Gewinne muss nicht auf unerwünschte Gewinnverlagerungen beruhen, sondern kann beispielsweise auf die Verrechnung von Verlustvorträgen aus der Vergangenheit zurückzuführen sein. In einer öffentlichen Debatte lassen sich diese Hintergründe nicht immer vermitteln. Persönlich schätze ich das allerdings anders ein. Ich stehe einer Veröffentlichung der Daten eher positiv gegenüber.

Unabhängig davon bekämpft die Bundesregierung mit Nachdruck Gewinnverlagerungen und Gewinnkürzungen internationaler Konzerne. Deutschland hat deshalb bereits zentrale OECD-Empfehlungen ins nationale Recht umgesetzt. Es wurden bereits weitreichende Maßnahmen zur Herstellung größerer Transparenz über die grenzüberschreitenden Geschäftstätigkeit von Unternehmen, zur Schließung von Lücken zwischen den nationalen Steuersystemen und zur besseren Verfolgung aggressiver Steuerplanungen ergriffen.

Als Entwicklungspolitiker, der sich seit vielen Jahr für eine faire globale Handelspolitik einsetzt, kann ich Ihre Sorge und Kritik sehr gut nachvollziehen. Ich kann Ihnen versichern, dass die SPD-Bundestagsfraktion der Schaffung von Transparenz zur der Bekämpfung aggressiver Steuergestaltungen von Unternehmen und der Eindämmung von unfairem Steuerwettbewerb weiterhin höchste Priorität einräumen wird.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Sascha Raabe