Frage an Sascha Raabe von Sylvia H. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Raabe,
wie berücksichtigen Sie die Haltung der griechischen Regierung, die nicht an der Zusammenarbeit in Richtung Europa interessiert ist und arbeitet, sondern nur ihre eigenen nationalen Interessen verfolgt und durchsetzt, bei der Bewertung der Gewährung eines weiteren EUROPÄISCHEN Hilfspakets?
Wann ist KONKRET BEI IHNEN der Punkt erreicht, einen anderen Weg zu gehen, als immer wieder Geld reinzupumpen?
Ich bin deutsche Europäerin und gebe gerne auch für ideelle Werte. Und habe auch Geduld, bis sich jemand entwickelt. Aber ich erkenne auch falsche Motivationen. Und an diesen Stellen erwarte ich von unseren Volksvertreter konsequentes Handeln, um das Ganze nicht zu gefährden oder ihm zu schaden.
Bewerten Sie die Haltung der griechischen Regierung positiv? Ich meine jetzt keinen Strohhalm, an den man sich klammert, sondern echtes Europäer sein wollen und nicht nur am europäischen Wohlstand teilhaben wollen.
Wenn Ja, warum? Woran machen Sie das fest)
Wenn Nein, blenden Sie das bei ihrer Entscheidung dann aus?
Sehr geehrte Frau Haus,
es ist vollkommen zutreffend, dass die griechische Regierung lange auf einem unverantwortlichen Konfrontationskurs mit dem Rest Europas war und das hat zurecht viele Menschen – auch mich – verärgert.
In den letzten Wochen aber hat sich offenbar auch bei den politisch Verantwortlichen in Griechenland die Erkenntnis durchgesetzt, dass eine Lösung nur zusammen erzielt werden kann. In den letzten Verhandlungen hat sich die Regierung konstruktiv gezeigt. Mit dem jetzt vorliegenden Ergebnis werden wichtige Reformen vereinbart, die dabei helfen können, Griechenland auf einen nachhaltigen Wachstumspfad zu führen. Es sollte daher bei allem was war jetzt der Blick in die Zukunft gerichtet werden.
Nach reiflicher Überlegung und gründlicher Abwägung habe ich im Bundestag für ein drittes Hilfspaket für Griechenland gestimmt, weil ich die damit verbundenen Maßnahmen für den richtigen Weg halte – für Griechenland und für Europa.
Für mich persönlich war es für meine Zustimmung entscheidend, dass der massenhaften Steuerhinterziehung gerade der reichen Griechen der Kampf angesagt wird. Ein Schwerpunkt der Reformmaßnahmen liegt darin, eine arbeitsfähige Steuerverwaltung aufzubauen und gegen Steuerbetrug und die Verschleierung von Vermögen in Griechenland, aber auch im Ausland, vorzugehen. Dazu werden lange gehegte Steuerprivilegien, etwa für Reeder, abgeschafft. Außerdem kommt es künftig bei der Rettung angeschlagener griechischer Banken zu einer Beteiligung der Anteilseigner, so dass die Kosten der Bankenrettung nicht allein der Allgemeinheit aufgebürdet werden, sondern dass die, die jahrelang von den Geschäften profitiert haben, einen erheblichen Anteil zu tragen haben, wenn es eben nicht mehr so gut läuft. Wichtig dabei ist, dass die Einlagen von Kleinsparern davon nicht betroffen sind.
Mit diesen Maßnahmen kann das gelingen, was ich seit Langem gefordert habe: Die reichen Griechen müssen sehr viel mehr zur Bewältigung der Krise in ihrem Land herangezogen werden als das bislang der Fall war. Keiner darf sich mehr durch Tricksereien aus der Verantwortung stehlen. Unsere Solidarität darf keine Einbahnstraße sein.
Mindestens ebenso wichtig wie das Anziehen der Zügel in Steuerfragen ist es, Wachstums- und Beschäftigungsimpulse zu setzen und den Bürgern in Griechenland ein leistungsfähiges, gerechtes und finanzierbares Sozial- und Rentensystem zu bieten. Nur ein vernünftiges Miteinander wirtschaftlicher Interessen und sozialer Verantwortung wird auf Dauer zu mehr Arbeitsplätzen, mehr Staatseinnahmen, einem insgesamt leistungsfähigeren Gemeinwesen und damit dazu führen die auseinanderklaffende soziale Schere in Griechenland wieder zusammenzuführen. Auch dies soll und kann mit dem Reformpaket gelingen.
Dass es gelingt, ist in unser aller Interesse, denn nur so wird Griechenland langfristig die Verpflichtungen gegenüber seinen Gläubigern erfüllen können.
Bis dahin ist es ein langer Weg, der zweifellos mit Risiken verbunden ist. Trotzdem ist es nach meiner Überzeugung der richtige Weg. Deshalb habe ich zugestimmt.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Sascha Raabe