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Sascha Raabe
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Frage von Jens M. •

Frage an Sascha Raabe von Jens M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dr. Raabe,

im Regionalteil der Frankfurter Rundschau vom heutigen Tage (28.08.2013) sind Sie auf einer Gegenkundgebung zu einer NPD-Veranstaltung in Hanau abgebildet (Seiten R6 und R7).

Während ein aktives Auf- und Entgegentreten bezüglich (neo-)nationalsozialischer und im Endeffekt gegen jedes Individuum gerichteter Ideologien eine durchaus wünschens- und ehrenwerte Tätigkeit ist, sind Sie auf diesem Bild mit einem den Teilnehmern der NPD-Kundgebung entgegengestreckten Mittelfinger ("Stinkefinger") zu sehen.

Auch zeigen Sie mit dieser Geste nicht wie andere Ihrer Mitdemonstranten wenigstens zweideutig auf ein erhobenes Plakat.

Daher meine Frage(n) an Sie:

- Halten Sie Beleidigungen politisch Andersdenkender für ein probates Mittel der demokratischen Auseinandersetzung umd des politischen Diskurses

- Inwiefern halten Sie eine argumentative Auseinandersetzung mit den Positionen des rechten Randes für notwendig?

- Sollte es nicht Aufgabe eines gewählten Vertreters der Bevölkerung eines Wahlkreises sein, seine Wählerschaft in einer - entschuldigen Sie bitte den Ausdruck - weniger stumpfen Art und Weise im demokratischen Meinungskamp zu repräsentieren?

Beste Grüße und einen erfolgreichen Wahlkampf
Jens Mander

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Mander,

Ihr Unverständnis gegenüber meiner hinlänglich in der Presse dokumentierten Geste auf der Gegendemonstration zur NPD-Kundgebung in Hanau nehme ich zur Kenntnis. Aber ich kann, will und werde mich von meinem Verhalten nicht distanzieren. Dass um mich herum viele Menschen den Nazis den ausgestreckten Mittelfinger gezeigt haben und dies vielleicht die einzige Sprache ist, die diese braunen Dumpfköpfe verstehen, soll dabei gar nicht als Erklärung dienen. Ich bitte Sie aber insoweit um Verständnis, als ich nun einmal ein Mensch und keine emotionsloser Politroboter bin. Ich weiß nicht, ob Sie an der Gegendemonstration teilgenommen haben. Ich jedenfalls fand es unerträglich, den dumpfen, menschenverachtenden Hetzparolen der NPD-Redner zuhören zu müssen. Ich engagiere mich seit vielen Jahren mit großer Leidenschaft gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, diskutiere als Abgeordneter häufig mit Schülern über das Thema, weiß aus meiner Erfahrung als Entwicklungspolitiker, unter welch schlimmen Bedingungen Flüchtlinge nach Deutschland gelangen und warum sie ihre Heimat verlassen müssen -- und dann muss ich erleben, dass mitten in Hanau ausländerfeindliche, volksverhetzende Reden gehalten werden. Ich fand das abscheulich und habe das auch deutlich gemacht. Übrigens natürlich nicht nur mit dem Zeigen des Mittelfingers, sondern auch durch eine mit vielen Argumenten gegen Rechts versehene Rede von mir am Anfang der Gegendemonstration. Mit Berufs-NPD-Funktionären vom Schlage eines Holger Apfel ist es meiner Erfahrung nach übrigens völlig sinnlos in eine ernsthafte Diskussion einzutreten. Sehr wohl kann dieser Versuch bei Wählern und Mitläufern rechter Parteien lohnen, nicht aber bei hardcore-Nazis. Vor Nazis dürfen wir keinen Zentimeter zurückweichen, im Gegenteil, wir müssen sie entschlossen zurückdrängen und klar machen: für eure Ansichten ist kein Platz in unserer Gesellschaft, ihr seid Feinde unserer Verfassung!

Bei allem Respekt vor den kritischen Stimmen bezüglich des "Stinkefingers" bin ich im Grundsatz mit mir völlig im Reinen: Nur durch mein energisches Einschreiten und Melden der volksverhetzenden Parolen beim Polizei-Einsatzleiter ist mit Hilfe von Claus Kaminsky die Kundgebung letztlich abgebrochen und sind in der Folge in anderen Städten bundesweit weitere NPD-Versammlungen verhindert worden. Das Signal, das von meiner Strafanzeige gegen den NDP-Bundesvorsitzenden Holger Apfel ausgegangen ist, hat sogar dazu geführt, dass die NPD sich darüber beklagt hat, dass in Baden-Württemberg ein landesweites Redeverbot gegen Apfel ausgesprochen worden sei. Wenn das die Folge meines Handelns ist, kann ich nur sagen: Es war richtig, ein deutliches Zeichen gegen Rechts zu setzen!

Der große Zuspruch, den ich dafür von vielen Bürgerinnen und Bürgern erhalten habe, macht Mut. Und es ist auch gut zu wissen, dass es eine große gesellschaftliche Zustimmung gibt, dass diese unsägliche Partei endlich verboten wird. Denn das ist doch das eigentliche Thema, um das es hier gehen sollte. Die NPD ist -- daran kann kein Zweifel bestehen -- eine menschenverachtende, antisemitische und rassistische Partei, die sich als Gegner unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung sieht und die aufgrund ihrer verfassungsfeindlichen Ausrichtung verboten gehört.

Natürlich ist auch eine argumentative Auseinandersetzung mit dem Thema Rechtsextremismus wichtig, aber nur mit einem Parteiverbot würde der NPD der Deckmantel der Legalität genommen. Die Partei könnte das demokratische System nicht weiter zur Verfolgung ihrer demokratiefeindlichen Ziele instrumentalisieren und ihre ausländerfeindliche Hetze auf dem Rücken deutscher Polizisten austragen. Es ist doch völlig aberwitzig, dass -- wie in Hanau erlebt -- die Polizei aufgrund der geltenden Rechtslage gezwungen ist, das Demonstrationsrecht von rechtsradikalen Verfassungsgegnern zu schützen, und die NPD gerade durch jene rechtsstaatlichen Strukturen gestärkt wird, die sie selbst bekämpft. Es darf nicht länger angehen, dass unsere Polizisten gegen ihren eigenen Willen herhalten müssen, um das Verbreiten brauner Parolen zu ermöglichen. Das müssen wir durch ein energisches Vorantreiben des NPD-Verbotsverfahrens endlich beenden. Und da sind alle demokratischen Kräfte gefordert, zusammenzustehen.

Lassen Sie uns weiter gemeinsam gegen Rassismus, Ausländerfeindlichkeit und Antisemitismus kämpfen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Sascha Raabe