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Frage von Hans-Jörg L. •

Frage an Sascha Bilay von Hans-Jörg L. bezüglich Gesundheit

In Thüringen wurden in den letzten Jahren viele bisherige Landesaufgaben kommunalisiert, wobei die jetzt zuständigen Träger, z.B. Landkreise und kreisfreien Städte, eine Auftragskostenpauschale erhalten. Die Auskömmlichkeit der zugewiesenen Mittel ist in vielen Fällen nicht oder nur unzureichend gegeben, so zumindest die Aussagen von Betroffenen. Das trifft z.B. auch auf die Suchtprävention zu. Wie ist der Standpunkt der Linken zu der Kommunalisierung an sich und wie zur Sicherung von kommunalisierten Aufgaben?

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DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Lessig,

DIE LINKE hat im Grunde nichts Kommunalisierungen einzuwenden. Getreu dem aus der katholischen Soziallehre entstammenden Prinzip der Subsidiarität, wonach eine Aufgabe immer möglichst weit unten in der Hierarchie erfüllt werden soll, damit den Menschen am schnellsten und am besten geholfen werden kann, sprechen wir uns sogar für weitere Kommunalisierungen aus. Wenn es nach uns und dem Masterplan für eine umfassende Funktional-, Verwaltungs- und Gebietsreform geht, wird es künftig fast ausschließlich kommunale Aufgaben geben. Die über 70 Mittel- und Sonderbehörden des Landes würden abgeschafft. Bedingung ist allerdings, dass die Kommunen auch die notwendigen Mittel vom Land erhalten, um diese Aufgaben erfüllen zu können. Gegenwärtig ist dies nicht der Fall.

Da Sie bereits das Beispiel der Suchtprävention erwähnt haben, will ich das Problem auch daran verdeutlichen: Thüringen hatte bis ungefähr Mitte der 1990er Jahre ein vergleichsweise gut funktionierendes und qualitativ hochwertig arbeitendes Netzwerk der Suchtprävention. Hierfür hat das Land auch immer die notwendigen Finanzmittel bereitgestellt. Doch ab ungefähr der zweiten Hälfte der 1990er Jahre hat die Landesregierung begonnen (übrigens war damals die SPD von 1994 bis 1999 mit in der Regierung und stellte sogar die Gesundheitsministerin), in diesem Bereich sukzessiv zu kürzen. Für Investitionen wurden im Jahr 2000 noch 4,3 Mio. Euro bereitgestellt, 2008 waren es nur noch etwas mehr als 0,5 Mio. Euro. Für die nichtinvestiven Zwecke erhielten die Träger der Suchtprävention, Suchtkrankenhilfe und Drogenhilfe in Thüringen im Jahr 2000 noch knapp 1,6 Mio. Euro, acht Jahre später betrugen die Landesmittel nur noch etwas mehr als 1 Mio. Euro. Im gleichen Zeitraum sind aber die Fallzahlen der Betroffen, die Hilfe suchten, weiter gestiegen. Seit der Kommunalisierung der Aufgaben ab dem Jahr 2005 ist für die Öffentlichkeit nicht mehr transparent nachvollziehbar, wie sich die Mittel für die Aufgaben der Suchtprävention entwickelt haben. Hintergrund ist, dass zuvor im Haushalt des Landes für diese Aufgaben einzeln ausgewiesene Stellen mit den Finanzmitteln angegeben waren. Seit der Kommunalisierung erscheint nur noch ein Gesamtbetrag für alle Aufgaben, die die Kommunen per Gesetz im Auftrag für das Land erbringen müssen, in einem einzigen Haushaltstitel: der so genannten Auftragskostenpauschale. Dabei gibt das Land vor, wie viel Geld die Kommunen für jede einzelne der vielen Aufgaben ausgeben müssten. Tatsächlich ist der Bedarf aber viel größer. Weil aber die Kommunen aufgrund der stiefmütterlichen Behandlung durch das Land nur unzureichend mit finanziellen Mitteln ausgestattet werden, müssten die Landkreise und kreisfreien Städte mit eigenen Mitteln den Restbetrag auffüllen. Dazu sind sie aber oftmals nicht in der Lage. Die Folge ist, dass sich das Land einer wichtigen Aufgabe entledigt hat, die Kommunen zwar möglichst gut die Aufgabe erfüllen wollen, dieses aber nicht immer können. Die Folgen dieser verfehlten Landespolitik bekommen anschließend die Hilfeeinrichtungen und insbesondere die Suchtkranken zu spüren.

DIE LINKE bleibt dabei, dass die Kommunen die Mittel bekommen müssen, die sie brauchen, um alle übertragenen und alle so genannten freiwilligen Aufgaben auch tatsächlich im Interesse der Menschen erfüllen zu können. Bei einer entsprechenden Schwerpunktsetzung im Landeshaushalt ist dieses möglich.

Mit freundlichen Grüßen

Sascha Bilay