Frage an Sascha Bilay von Mario M. bezüglich Bildung und Erziehung
Hallo Herr Bilay,
Herr Matschie und Herr Ramelow möchten beide neuer Ministerpräsident von Thüringen werden. In der Bildungspolitik möchten beide längeres gemeinsames Lernen. Mich persönlich irritieren aber die Aussagen von Herrn Matschie,auf keinen Fall mit den Linken zusammenzuarbeiten, wenn Herr Matschie nicht Ministerpräsident werden darf. Die Schlussfolgerung aus diesen Aussagen ist, wenn ich das richtig beurteile, Herr Matschie will Herrn Althaus gar nicht ablösen und in Thüringen soll es so weitergehen wie bisher. Beurteile ich das Falsch? Wie geht ihre Partei mit diesen Äußerungen um? Das Land Thüringen braucht Veränderung. Als Vater bin ich vor allem daran interessiert, was wird sich in der Bildungspolitik verändern. Meine Tochter geht auf ein Gymnasium wo " 30 "Kinder in kleinen Unterrichtsräumen auf hohen Niveau lernen sollen. Das klappt vorn und hinten nicht. Kinder welche beim Lernen etwas länger brauchen , fallen sehr schnell hinten runter. Was wird ihre Partei daran ändern?
Sehr geehrter Herr Müller,
es freut mich, dass Sie sich derart für Politik interessieren, dass Sie Herrn Matschie bei seiner logischen Falle ertappt haben. Aber zunächst möchte ich auf Ihre Frage zur Bildung eingehen.
Einen Teil der Antwort habe ich bereits in der vorherigen Frage von Herrn H. gegeben. Hier will ich insbesondere bei der Schule noch etwas konkreter werden. Offensichtlich ist bei der Schule Ihrer Tochter gerade die Größe der Klassen und der Klassenräume besonders problematisch. Hier zeigt sich, dass es mittel- und langfristig völlig falsch ist, wenn die CDU nur in kurzfristigen Etappen denkt. Der Geburtenknick nach 1989/90 durchläuft derzeit unsere Schulen. Die Grundschulen hatten damit vor einigen Jahren massiv zu kämpfen. Die Regelschulen und Gymnasien sind gegenwärtig betroffen. Doch anstatt wegen der rückläufigen Schülerzahlen Schulstandorte zu schließen und den Kindern längere Wege und viel zu große Klassen zuzumuten, damit möglichst wenige Schulstandorte benötigt werden, bieten sich gerade hier neue Möglichkeiten. Längeres gemeinsames Lernen an integrativen Ganztagsschulen sind hier unsere Antwort. Und die Lehrerinnen und Lehrer, die an Thüringer Hochschulen ausgebildet werden, dürfen nicht in westliche Bundesländer vertrieben werden, die nicht ausbilden, sondern müssen ein faires Angebot für Thüringer Schulen bekommen. Das muss nicht unbedingt mehr Geld kosten, wenn die politischen Schwerpunkte richtig gesetzt werden. Frei werdende Mittel (ich kann mir hier sehr gut den Stopp der Subvention von Fluglinien für Manager am Erfurter Flughafen vorstellen) müssen in den Bildungshaushalt umgelenkt werden. Zudem darf die Landespolitik die Ausgaben nicht pro Kopf rechnen und bei den rückläufigen Schülerzahlen die Mittel pro Kopf kürzen. Allein die Beibehaltung der Schulbildungsmittel auf dem jetzigen Niveau würden bedeuten, dass bis zum Jahr 2020 rund 330 Mio. Euro zusätzlich für die Schulen ausgegeben werden könnte. Sie sehen also, dass man für die Umsetzung unsere Konzepte nicht unbedingt mehr Geld braucht.
Nun zum zweiten Teil Ihrer Frage: Die SPD, oder besser Herr Matschie und seine Gefolgschaft, müssen sich tatsächlich entscheiden, ob sie einen Politikwechsel in Thüringen für die Menschen wollen, oder ob es ihnen tatsächlich nur darum geht, an Posten teilzuhaben. Wieso bildet sich eine Partei, die in Thüringen abgeschlagen auf Platz 3 liegt, ein, sie könne einem fast doppelt so starken Mitbewerber irgendwelche Führungsansprüche geltend machen? Herr Matschie streitet gar nicht ab, dass DIE LINKE in Thüringen reagierungsfähig ist. Er bezieht sich in seiner Ablehnung immer auf die Bundesebene und verweist dabei auf eine abstrakte internationale Bündnisfähigkeit. Das hat aber gar nichts mit den entscheidenden Fragen für Thüringen zu tun. Und überhaupt, wenn hier jemand über seine internationale Politik nachdenken müsste, so doch wohl die SPD, die zusammen mit den Grünen den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen Jugoslawien und den Einsatz in Afghanistan zu verantworten haben. Hier haben die Sozialdemokraten das Vertrauen in ihre Glaubwürdigkeit verspielt. Im Übrigen sollte Herr Matschie nachdenken, welche Verantwortung er dabei trägt. Immerhin war er während der Regierungszeit von Gerhard Schröder im Bildungsministerium als Staatssekretär tätig * war also selbst Mitglied der Bundesregierung, die diese Auslandseinsätze der Bundeswehr zu verantworten hat.
Herr Müller, ich hoffe auch im Interesse Ihrer Tochter, dass sich die SPD aus ihrer taktischen Falle befreit und erkennt, dass es einen grundlegenden Wechsel in der Landespolitik nur gemeinsam mit der LINKEN geben kann.
Mit hoffnungsfrohen Grüßen
Ihr Sascha Bilay