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Sarah Timmann
SPD
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Frage von Jan S. •

Durch die Inflation sinkt der Wert meiner Riesterrente und meines Reallohns. Sollte die neue Bundesregierung gegen die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank Stellung beziehen.

Sehr geehrte Frau Timmermann,

ich sehe die Haushaltspolitik der Europäischen Zentralbank sehr kritisch. Solch eine Geldpolitik nützt meiner Meinung eher den großen Konzernen. Außerdem frage ich mich ob die Coroana Aufbaufonds, auch wenn für ihn die EU Kommission zuzuständig ist, nur dazu dienen die Haushalte anderer Staaten zu sanieren, statt für soziale Gerechtigkeit zu sorgen.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr S.,

vielen Dank für Ihre Nachricht. Sie haben mit Ihrer Frage eine Reihe wichtiger politischer Themen angesprochen, die aber bedauerlicherweise nicht auf landespolitischer Ebene geregelt bzw. nennenswert beeinflusst werden können. Dies ändert selbstverständlich nichts an Ihrer Relevanz und ich kann Ihnen anbieten Ihr Anliegen an die Hamburger Bundestagsabgeordneten der SPD weiterzuleiten.

Natürlich möchte ich dennoch zu Ihren inhaltlichen Fragen Stellung nehmen. Wir sind uns in der SPD absolut des Umstands bewusst, dass die Riesterrenten in ihrer damaligen Intention nicht so funktioniert haben wie erwartet und es Reformen bedarf. Dies wird auch durch aktuelle Studien des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung belegt, die bei Berücksichtigung der jährlichen Inflationsraten die 100%-Garantie für eingezahlte Beiträge als ein signifikantes Investitionshemmnis identifiziert haben. Eine Möglichkeit wäre konsequenterweise die Garantie unwesentlich abzusenken, um so geringfügig riskantere Investitionen mit potenziell besseren Erträgen zu ermöglichen. Dieser und andere Vorschläge werden auch von der SPD bei rentenpolitischen Entscheidungen, mit und ohne direkten Bezug zum Konzept der Riesterrenten, mitberücksichtigt. Renten, private Altersvorsorge und die flächendeckende Finanzbarkeit entsprechender (Misch-)Programme nehmen eine bedeutende Stellung ein bei politischen Entscheidungen der SPD, gerade auch in Bezug auf breit angelegte Maßnahmen für mehr soziale Gerechtigkeit in unserer Gesellschaft.

Sie haben auch um eine Stellungnahme hinsichtlich der europäischen Finanzpolitik und der Geldpolitik der EZB gebeten. Die EZB als Institution ist unabhängig, gerade in politischer wie finanzieller Hinsicht. Auf Anleihekaufprogrammen und anderen Maßnahmen der auf einen stabilen Euro ausgelegten Geldpolitik kann Deutschland somit keinen Einfluss nehmen. Auf europäischer Ebene ist ein wichtiges Leitprinzip der gemeinschaftlichen Finanzpolitik der internationale Solidargedanke, gerade in Bezug auf Finanzmittel und deren Verteilung.

Bei den „Coronabonds“ zeigt sich dies einmal mehr. Das nachhaltigkeits- und zukunftsorientierte Investitionsprogramm „Next Generation EU“ umfasst 750 Mrd. Euro, welche explizit veranschlagt sind, um die Mitgliedsstaaten beim Auffangen der Folgen der Coronapandemie zu unterstützen. Teile davon fließen als nicht zurückzuzahlende Zuschüsse und Teile als Kredite. Hier stellt Deutschland zwar mehr Geld zur Verfügung als es letzten Endes wieder aus den Töpfen zurückbekommt, profitiert aber als Exportland direkt von einer starken EU und der einem stabilen Binnenmarkt innewohnenden Kaufkraft anderer EU-Länder. Diese Investitionen sichern neben dem Zusammenhalt zwischen den Staaten auch Arbeitsplätze, da sie zweckgebunden insbesondere auf Nachhaltigkeit, Digitalisierung und Klimaschutz fokussiert sind, was die internationale Wettbewerbsfähigkeit steigert und die jeweiligen Staaten in diesen Bereichen entlastet. Diese Entlastung wiederum gestattet den Staaten größere finanzielle Spielräume in sozialen und gesellschaftspolitischen Fragen.

Im Zusammenhang mit dem Programm „Next Generation EU“ wird häufig auch von einer Schuldenunion, also von vergemeinschaftlichten Schulden gesprochen, welche so unter normalen Umständen nicht möglich sind. Bei einem einmaligen und begrenzten Programm ist eine solche Bezeichnung aber irreführend.

Unabhängig von europäischen Entwicklungen setzt die SPD ihren Kampf für mindestens 12 Euro Mindestlohn und mehr tarifvertragliche Regelungen fort, die auch einen Anstieg der Reallöhne fördern sollen.

Mit freundlichen Grüßen

Sarah Timmann

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