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Sabine Tippelt
SPD
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Frage von Alexander L. •

Frage an Sabine Tippelt von Alexander L. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrte Frau Tippelt,

ich wende mich an Sie in Ihrer Position als Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr. Ich finde die Bemühungen der SPD um mehr soziale Gerechtigkeit, bspw. hinsichtlich des Mindestlohns, sehr bemerkenswert, frage mich allerdings, wie an anderer Stelle die Augen verschlossen werden. Gemeint sind Minijobber, Aushilfen, usw., diese haben Anspruch auf z.B. bezahlten Urlaub. Im Regelfall werden diese Leistungen den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern allerdings vorenthalten. In einem Land, in dem die Behörden der GEZ behilflich dabei sind, ihre Gebühren einzutreiben wundert mich das: Warum werden die Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter in den Finanzämtern nicht stutzig, wenn sie Tag für Tag Abrechnungen bekommen, aus denen offensichtlich hervorgeht, dass über Jahre kein Urlaub genommen wurde, bzw. gewährt wurde. Wäre es nicht ein leichtes die Lebensbedingungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gravierend zu verbessern und ihnen zu ihrem gesetzlich verankerten aber permanent mit Füßen getretenem Recht zu verhelfen, indem man hier einen Kontrollmechanismus einbaut oder mit Sanktionen droht? Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in genannten Beschäftigungsverhältnissen werden in der Regel mit Ungläubigkeit und Unverständnis konfrontiert, wenn sie den Schneid haben nur danach zu fragen. Versuchen sie ihr Recht durchzusetzen, werden sie entlassen.

Gespannt auf die Antwort, wie Sie und Ihre Partei mit dieser Problematik umzugehen gedenken verbleibe ich mit freundlichen Grüßen

Alexander Ludewig

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SPD

Sehr geehrter Herr Ludewig,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Urlaubs- und terminbedingt komme ich erst jetzt dazu Ihnen zuantworten. Die Durchsetzung von Arbeitnehmerrechten ist in der Tat eine kontinuierliche Herausforderung für Politik, Behörden, Gewerkschaften und Justiz.
Die SPD setzt sich seit ihrer Gründung dafür ein gute Arbeitsbedingungen für Männer und Frauen zu schaffen, zuletzt durch die Einführung des Mindestlohns in Deutschland.
In Niedersachsen hat die SPD, dort federführend der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr dessen Vorsitzende ich bin, darüber hinaus dafür gesorgt, dass mit dem Tariftreue- und Vergabegesetz seit dem 01.Januar 2014 die Vergabe öffentlicher Aufträge ab einem Volumen von 10.000 Euro in Branchen ohne Tarifbindung künftig nur noch an Firmen geht, die Mindestlöhne von 8,50 Euro je Stunde zahlen. Zudem werden weitere Sozialstandards von den Auftragnehmern gefordert.

Die von Ihnen angesprochenen Rechtsverstöße bei Minijobbern und Aushilfen sind dort wo sie stattfinden nicht akzeptabel. Behörden und Politik sind aber auch ein Stück weit darauf angewiesenen, dass die Betroffenen auf Missstände aufmerksam machen.

Um jedoch dem möglichen Eindruck zu erwehren es gäbe keine oder kaum gesetzliche Regelungen möchte ich im Folgenden die rechtliche Situation darstellen und auf Ihre Fragen eingehen:
Arbeitsrechtlich sind Minijobberinnen/ Minijobber wie andere Teilzeitarbeitnehmerinnen /Teilzeitarbeitnehmer und damit auch wie andere vollzeit beschäftigte Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmerzu behandeln. Genau wie diese haben auch Minijobber/innen insbesondereAnsprüche auf Urlaub, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und an Feiertagenetc., die - weil dem privatrechtlichen Arbeitsrecht und nicht öffentlich- rechtlichem Arbeitsschutzurecht zuzuordnen - sie selbst gegenüber dem Arbeitgeber geltend machen und ggfs. durch eine Klage am dafür zuständigen Arbeitsgericht durchsetzen müssen.

Der Staat hat nach der geltenden Arbeitsrechtsordnung kein Recht und unabhängig davon auch nicht die Möglichkeiten, flächendeckend für alle Arbeitnehmer/innen dieEinhaltung und Durchsetzung der diesen nach Gesetz, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Arbeitsvertrag zustehenden privatrechtlichen Ansprüche zu kontrollieren sowie deren Nichteinhaltung zu sanktionieren.

Es ist nicht ersichtlich, inwieweit Mitarbeiter/innen von Finanzämtern Abrechnungen von Minijobber/innen erhalten, aus denen sich ergibt, ob und in welchem Umfang der Minijobber/ die Minijobberin Urlaub erhalten hat oder nicht. Dies gilt unabhängig davon, ob der Arbeitgeber des Minijobbers/der Minijobberin die einheitliche Pauschsteuer von 2 % an die Minijob- Zentrale der Knappschaft BahnSee entrichtet, oder er sich für die Besteuerung nach den individuellen Lohnsteuermerkmalen entscheidet.

In der Praxis kommt es leider gar nicht so selten vor, dass Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber verdeckt oder ganz unverhohlen offen mit dem Verlust des Arbeitsplatzes drohen, wenn Rechte eingefordert werden. Eine Kündigung wäre wegen Verstoßes gegen das Maßregelungsverbot (§ 612a BGB) nichtig. Eine Arbeitgeberin bzw. ein Arbeitgeber darf nämlich Beschäftigte nicht benachteiligen, weil diese in zulässiger Weise ihr Recht ausüben. Ist irgendwann einmal - egal aus welchen Gründen - das Arbeitsverhältnis beendet, können ArbeitnehmerInnen nachträglich im Rahmen der gesetzlichen Verjährungsfrist bzw. im Rahmen der tariflich geltenden Verfallsfrist rückwirkend alles einfordern, was Ihnen trotzgesetzlicher bzw. tariflicher Vorschriften nicht gewährt worden ist. Dies giltauch für Minijobber.

Für weitere Rückfragen können Sie sichgerne an mich oder die zuständigen Behörden und Gewerkschaft wenden.
Weitere Informationen auch unter http://www.minijob-zentrale.de

Mit freundlichen Grüßen
Sabine Tippelt, MdL

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