Frage an Sabine Kurtz von Martina M. bezüglich Bildung und Erziehung
Sehr geehrte Frau Kurtz!
Zum Thema "Gemeinschaftsschulen" in Ihrem Wahlkreis habe ich folgende Fragen:
1.) Befürworten Sie kommunale Bürgerentscheide wie in Bad Saulgau und andernorts über die Einführung von Gemeinschaftsschulen auch in Städten und Gemeinden in Ihrem Wahlkreis?
2.) Sehen Sie eine Klagemöglichkeit von Kommunen gegen das Land, um die finanziellen Kosten für Schulen, z.B. auch für eine neue Gemeinschaftsschule, vom Land zurück- zufordern?
3.) Welche Konsequenz hätte es, wenn eine Kommune, die zwar eine Genehmigung für eine Gemeinschaftsschule hat, sich weigern würde, diese Schulkosten komplett selbst zu tragen?
4.) Sehen Sie eine Klagemöglichkeiten von Eltern, Schüler, Bürgern oder Gemeinderäten gegen eine genehmigte Gemeinschaftsschule, weil diese einen kommunalen Finanz- Etat auf Jahre und Jahrzehnte in unkalkulierbarer Höhe belasten kann?
Mit freundlichen Grüssen
Martina Meier
Sehr geehrte Frau Meier,
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 6. Februar.
1.)
Frage: Befürworten Sie kommunale Bürgerentscheide wie in Bad Saulgau und andernorts über die Einführung von Gemeinschaftsschulen auch in Städten und Gemeinden in Ihrem Wahlkreis?
Antwort: Bürgerentscheiden über die Einführung einer Gemeinschaftsschule stehe ich grundsätzlich sehr positiv gegenüber. Voraussetzung für einen Bürgerentscheid ist aber, dass er von einer ausreichenden Zahl an Bürgerinnen und Bürgern vor Ort gewünscht wird. Bürgerentscheide stärken die Demokratie und führen dazu, dass sich die Bürgerschaft intensiv mit den Vor- und Nachteilen dieser Schulart auseinandersetzen kann. Hinzu kommt, dass eine Entscheidung, die von allen Bürgerinnen und Bürgern herbeigeführt wurde, eine besonders breite Basis und somit eine spezielle Legitimation besitzt.
2.)
Frage: Sehen Sie eine Klagemöglichkeit von Kommunen gegen das Land, um die finanziellen Kosten für Schulen, z.B. auch für eine neue Gemeinschaftsschule, vom Land zurückzufordern?
Antwort: Nach meiner Einschätzung dürfte die Klage einer Kommune, die die Kosten für eine neue Gemeinschaftsschule vom Land zurückfordern möchte, wenig Aussicht auf Erfolg haben. Laut der Handreichung zur Beantragung einer Gemeinschaftsschule muss der Schulträger vor Erteilung der Genehmigung schriftlich erklären, dass die Voraussetzungen der räumlichen und sächlichen Ausstattung zur Gewährleistung aller Bildungsstandards (Hauptschule, Realschule, Gymnasium) vorliegen bzw. er diese zum erforderlichen Zeitpunkt schaffen wird. Diese Vorschrift bezieht sich ausdrücklich auch auf zusätzliche Anforderungen an die Ausstattung, die sich mit Inkrafttreten des neuen Bildungsplans noch ergeben können - und die heute noch gar nicht bekannt sind. Die CDU-Landtagsfraktion und ich haben bereits mehrmals darauf hingewiesen, dass Schulträger somit praktisch einen Blanko-Scheck unterschreiben müssen. Eine Gemeinde, die einen Antrag für eine Gemeinschaftsschule stellt, nimmt dieses Risiko bewusst in Kauf.
3.)
Frage: Welche Konsequenz hätte es, wenn eine Kommune, die zwar eine Genehmigung für eine Gemeinschaftsschule hat, sich weigern würde, diese Schulkosten komplett selbst zu tragen?
Antwort: Eine Kommune, die eine Gemeinschaftsschule beantragt, muss zusagen, für die für die erforderlichen Kosten aufzukommen (s. Antwort auf Frage 2). Eine Weigerung, diese Kosten zu tragen, ist somit nicht möglich.
4.)
Frage: Sehen Sie eine Klagemöglichkeiten von Eltern, Schüler, Bürgern oder Gemeinderäten gegen eine genehmigte Gemeinschaftsschule, weil diese einen kommunalen Finanzetat auf Jahre und Jahrzehnte in unkalkulierbarer Höhe belasten kann?
Antwort: Eine Gemeinschaftsschule muss vom Schulträger beantragt werden. Sie wird nicht ohne bzw. gegen den Willen einer Stadt bzw. Gemeinde eingerichtet. Insofern geht einer Genehmigung immer eine souveräne Entscheidung der zuständigen kommunalen Gremien voraus. Vor diesem Hintergrund sehe ich keinerlei Anhaltspunkt für eine Klage gegen das Land. Bürgerinnen und Bürger, die sich - aus meiner Sicht zu Recht - um die finanziellen Auswirkungen einer Gemeinschaftsschule Sorgen machen, empfehle ich, sich an ihre Gemeinderäte zu wenden und sie für diese Problematik zu sensibilisieren. Wenn der Gemeinderat mehrheitlich eine Gemeinschaftsschule befürwortet, besteht die Möglichkeit, mit einem Bürgerentscheid die Beantragung einer Gemeinschaftsschule zu verhindern. Ist allerdings eine Gemeinschaftsschule erst einmal von der Kommune beantragt und vom Land genehmigt, dürfte eine entsprechende Klage wenig Aussicht auf Erfolg haben.
Gerne können Sie sich mit Ihren Fragen und Anliegen auch an das "Bündnis pro Bildung Baden-Württemberg" wenden, das sich für den Erhalt des differenzierten Schulsystems einsetzt. Nähere Informationen dazu finden Sie unter http://buendnis-pro-bildung-bw.de .
Mit freundlichen Grüßen
Sabine Kurtz
Mitglied des Landtags von Baden-Württemberg Wahlkreis Leonberg - Herrenberg - Weil der Stadt