Frage an Rolf Meier von Melanie S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Meier,
wie ist Ihre Meinung zu den erneuten Streiks der Beschäftigten des Facility Managements der Charite?
Vielen Dank für eine Antwort
Sehr geehrte Frau Stoppel,
der Kampf um besseren Lohn und bessere Arbeitsbedingungen bei der Charité Facility Management GmbH (CFM) hat meine volle Solidarität!
Seit der Ausgründung der technischen Bereiche aus der Charité 2006 herrschten Lohndumping und immer schlechtere Arbeitsbedingungen dort vor. Nicht genug damit, dass der Berliner SPD/PDS-Senat als erstes Bundesland Tarifflucht aus dem Flächentarif für den öffentlichen Dienst beging. Um den Umbau der Charité in einen Krankenhauskonzern mit Gewinninteresse voranzutreiben, kam es bisher zu mehreren Ausgründungen in nichtmedizinischen Bereichen. Warum wurde ausgründet? Damit Löhne gesenkt und Personal leichter reduziert werden kann. Die Verbliebenen aus dem Charité-Betrieb wurden zum Teil aus der CFM gedrängt, hinzu kamen Neueingestellte, die zu deutlich schlechteren Konditionen eingestellt wurden. Die Qualität der Dienstleistungen fiel in vieler Hinsicht dem Profitinteresse zum Opfer. Die Betreiber, ein Konsortium unter Führung der Dussmann-Gruppe und mit Beteiligung der Fresenius-Tochterfirma Vamed, drehen an der Kostenschraube. Da die Charité den Gewinn der CFM gleich mit bezahlen muss, ist auch nicht wirklich etwas gespart. Die CFM ist ein Fall von Privatisierung im Gesundheitswesen. Selbst die Rest-Charité versteht sich als kommerzielles Unternehmen. Mit der Novellierung des Hochschulmedizingesetzes hat dieser Senat 2005 die Voraussetzungen dafür geschaffen. Die Berliner Hochschulmedizin wurde in konkurrierende Zentren („Profitcenter“) untergliedert. Ausgründungen waren die Folge. Labor, Physiotherapie, CFM. Leider stellte sich die Gewerkschaft Verdi nicht gegen die Ausgründung als solche, sondern wollte nur die Übernahme des jeweiligen Personalbestandes (Gestellung) erreichen. In diesem Punkt war man erfolgreich, aber die typischen Begleiterscheinungen von Privatisierung wurden nicht verhindert. Die Situation spitzte sich in diesem Jahr bereits im Mai zu, als Charité und CFM zeitweise gemeinsam streikten. Die Unternehmensseite hatte für die Beschäftigten der CFM jedoch kein verhandlungsfähiges Angebot parat. Weil die Verhandlungen nicht vorankamen, griffen die Kollegen dort richtigerweise wieder zum Mittel des Streiks. Jetzt kommt es darauf an, breiteste Unterstützung zu organisieren. In der Charité, in anderen Krankenhäusern, z.B. Vivantes, und nicht zuletzt in der Bevölkerung. Wir alle haben als potentielle Patienten ein Interesse daran, dass die Berliner Charité gut funktioniert und dass dort eine hohe Qualität der Versorgung stattfindet. Das CFM-Solikomitee hat dazu eine wirklich gute Arbeit geleistet. Die Beschäftigten der CFM brauchen jetzt die Solidarität möglichst vieler Menschen. Ich möchte dazu aufrufen, dabei mitzumachen! Auch hier gilt: mehr Lohn, mehr Personal und kürzere Arbeitszeiten!
Die CFM gehört meiner Meinung nach wieder in die Charité eingegliedert, natürlich nicht durch Rückkauf. Die Charité sollte wieder vollen öffentlich-rechtlichen Status erhalten. Privatisierung lehne ich generell ab. Privatisierung fängt nicht erst beim Totalverkauf an.
Mit freundlichen Grüßen
R. Meier