Frage an Rolf Meier von Peter H. bezüglich Soziale Sicherung
Werter Rolf Meier,
ich danke für Ihre sehr offene, tiefgründige aber auch nachdenklich stimmende Antwort!
Wenn also nach meinem Kommunismus-verständnis sich dieser erst nach/über einer Sozialismusphase denn erreichen läßt so würden sich mir dann doch die Fragen sich aufdrängen:
Wie soll das auch im Sozialismussystem dann immer noch beherrschende Ökonomiegesetz sinnvoll kanalisiert werden wenn nicht z.b. durch ein bGE?
Wie stehen Sie zum "demokratischen Sozialismus"?
Kann der Kommunismus also die Überwindung des Kapitalismus tatsächlich und ausschließlich nur durch den bewaffneten Kampf errungen werden?
In Erwartung Ihrer Antwort und im Hoffen uns am Samstag zu dieser Thematik dann verabredend weiter austauschen zu können
mit solidarischen Grüßen
Peter Heimann
Werter Peter Heimann,
Der Kommunismus ist ein langfristiges Ziel. Seine Erreichung führt über mehrere gesellschaftlich-ökonomische Stadien, wie auch immer wir die nennen. Wesentlicher Schritt ist die Überwindung der Macht des Kapitals, mit dem Ziel des Sozialismus. Die Frage, wie ist dieser Bruch durchzusetzen, hängt nicht nur von den Absichten und Strategien der antikapitalistischen Kräfte ab, sondern ganz wesentlich von der Art und Weise des Abwehrkampfes der Oligarchie. Das wird nicht nur friedlich sein. Historische Erfahrungen weisen darauf hin: die Interventionskriege der westlichen Staaten gegen die junge Sowjetunion nach 1917, der Putsch der Militärs in Chile 1973 usw.
Es geht ganz wesentlich darum, die Bevölkerungsmehrheit auf die Seite der antikapitalistischen Kräfte zu ziehen. Die anzuwendenden Mittel sind aus meiner Sicht aus der jeweiligen Situation heraus zu entwickeln.
Die Formel vom „demokratischen Sozialismus“ ist eine beliebte Worthülse der Sozialdemokratie. Die SPD spricht ja nicht mehr so oft davon, um so mehr die PdL („Linkspartei“). Im Diskurs der PdL ist ja das sozialistische Ziel schon recht umstritten. Gemeinsam ist den Debatten um demokratischen Sozialismus, dass das Ziel selten konkret benannt wird und der vermeintliche Weg dahin im Rahmen des Kapitalismus verbleibt. Das halte ich für Etikettenschwindel. Sozialismus meint eine Gesellschaftsform, in der das Kapital nicht mehr die Macht hat, sondern die Arbeiterklasse (ja, die gibt es noch) im Bündnis mit Teilen des Bürgertums o.ä.
D.h. es geht um sozialistische Demokratie als Zwischenschritt, und die muss gegen die Kräfte des alten Regimes auch verteidigt werden. Ein bloßes Hinüberwachsen in den Sozialismus durch geeignete Reformmassnahmen wird nicht funktionieren. Da stoßen Länder, die sich genau das vorgenommen haben, an Grenzen. Ich denke da an das heutige Venezuela.
Darum führt nichts daran vorbei, Klassenkämpfe von unten zu entwickeln und voranzutreiben. Aus den betrieben und in den Wohngebieten.
Was den in der Frage genannten Anteil des bedingungslosen Grundeinkommens angeht, weiß ich nicht, was denn die positiven Wirkungen sein sollen. Unter Bedingungen des Kapitalismus führt das bGE eher zu mehr Lohndumping, zudem ist es ein Teilen innerhalb der Klasse. Es hebt also nicht die ökonomische Gesetzmäßigkeiten auf, sondern bewegt sich innerhalb derselben, kann sogar systemstabilisierend wirken (vgl. vorige Antwort).
Was nun den Anteil des bGE im Sozialismus angeht, sehe ich ebenfalls nicht, wie darin ein Schlüssel zu einer besseren sozialistischen Produktionsweise liegen soll.
Die Ausarbeitungen der linken Befürworter zum bGE beschränken sich aber meistens auf die Erleichterung des Lebens im Kapitalismus. Es ist doch viel subjektiven Idealismus bei den Verfechtern des bGE dabei. Irgendwie ehrenwert, aber nicht sehr weiterführend.
Mit freundliche Grüßen
Rolf Meier