Wie stehen Sie zum Thema Abtreibung?

Sehr geehrte Frau B.,
die Tatsache, dass es mehr als nur eine Gesetzesänderung hinsichtlich des Schutzes ungeborenen Lebens gibt, spricht für sich. Dass gerade diese Entscheidungen im Bundestag grundsätzlich ohne Fraktionszwang erfolgten, finde ich gut. Es handelt sich um eine echte Gewissensentscheidung. Eigentlich müsste man Ihre Frage tatsächlich allen Kandidatinnen und Kandidaten auf abgeordnetenwatch.de stellen.
Als Vater und Großvater ist mir der Schutz der Familie ganz wichtig und ganz nebenbei langfristig zur Korrektur des demografischen Wandels eine wesentliche Stellschraube. Dennoch maße ich mir als Mann nicht an, über die Gesundheit und die Zukunft einer betroffenen Frau zu entscheiden. Hier kommt es nicht nur auf den jeweiligen Einzelfall an, sondern auch auf den jeweiligen Antrag im Plenum. Für entsprechende Entscheidungen würde ich mir deshalb grundsätzlich die Meinung der Frauen in meinem persönlichen Umfeld wie auch innerhalb der Freien Wähler einholen. Das empfinde ich diesbezüglich als den richtigen Weg.
Die aktuelle Diskussion, ob der Paragraph § 218 aus dem Strafgesetzbuch gestrichen werden soll, ist zu ungenau, weil es nur eine Ja- oder Nein-Antwort gäbe. Gesetze zu streichen hat zwar den Vorteil, Bürokratie abzubauen, aber auch den Nachteil, für längere Zeit gar keine Regelung zu bieten. Deshalb wäre möglicherweise eine starke Korrektur des Paragraphen sinnvoller, z. B. um einer Kommerzialisierung von Schwangerschaftsabbrüchen vorzubeugen.
Der gesellschaftliche Aspekt „Schutz des ungeborenen Lebens“ tritt nach meiner Beobachtung dem „Schutz des Individuums“, also der Frau, mittelfristig zurück. Keine Frau sollte wegen des Abbruchs ihrer Schwangerschaft strafbar gemacht werden. Andererseits sollte der vorgenannten Kommerzialisierung von Schwangerschaftsabbrüchen juristisch ein Riegel vorgeschoben werden. Es ist und bleibt eine Angelegenheit der betroffenen Frau im Einzelfall.
Herzliche Grüße
Rolf Jürgen Hofmann