Wie stehen Sie zum Staat Israel?

Sehr geehrte Frau B.,
herzlichen Dank für Ihre Frage, sie wäre trotz ihrer Kürze ein abendfüllendes Thema.
Eine weitgehende Trennung zwischen Staat und Religion hat sich in Deutschland bewährt. In Ihrer Frage unterscheide ich daher zwischen dem Staat Israel und seiner Religion. Diese Differenzierung trifft der Israelische Staatspräsident nicht grundsätzlich, wenn er von seiner Nation wie üblich vom „jüdischen Staat“ spricht.
Ihre Frage reduziert auf den „Staat“ ist Israel eine Nation wie jede andere, die ihre Interessen vertritt, so wie die Bundesregierung unsere Interessen vertritt. Aus diesen Interessen ergeben sich ganz pragmatisch sehr viele Gemeinsamkeiten zwischen Israel und der Bundesrepublik Deutschland.
Ihre Frage erweitert auf das Thema „Glauben“ führt zu meiner seit Jahren vertretenen folgenden Betrachtung: Es verbindet mich mit jüdischen aber auch mit anderen durch den 2. Weltkrieg betroffenen Menschen und auch unmittelbar mit Ihnen persönlich etwas ganz Wichtiges, eine oft unterschätzte Gemeinsamkeit. Unsere Eltern, Großeltern, vielleicht auch Urgroßeltern haben den Krieg überlebt, sonst wären auch wir beide heute nicht hier, um diese Fragen zu diskutieren. Dafür sollten wir – welchem Glauben auch immer wir angehören – jeden Tag unendlich dankbar sein.
Diese Gemeinsamkeit – so sie beim Gegenüber die gleiche Anerkennung findet wie bei mir – löst bereits im Ansatz viele Probleme, die in allen Teilen der Welt, also unabhängig von Israel, die Vermischung von Staat und Religion mit sich bringt.
Als Leitgedanke erleichtert meine Betrachtung auch die von Ihnen erfragte Position zum pragmatischen Umgang mit dem Staat Israel: auf Augenhöhe und mit Respekt.
Herzliche Grüße
Rolf Jürgen Hofmann