Frage an Roland Hahnemann von Nina S. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Dr. Hahnemann,
mein Name ist Nina Schlegel und ich studiere an der FSU in Jena. Seit diesem Semester gilt das Studententicket für ganz Thüringen und endlich sollte ich mit der Bahn bis in meinen Heimatort Unterloquitz gelangen können, da dort seit Jahrzehnten ein Bahnhof existiert.
Allerdings verbindet sich dies nun mit einigen Schwierigkeiten, da die Bahn nur noch zwei Mal täglich dort hält. Aber auch die entgegengesetzte Richtung bietet nicht viele Möglichkeiten, so dass ich zwar im Besitz eines gültigen Fahrscheines bis knapp vor die Haustür bin, jedoch dies kaum nutzen kann.
Außerdem gestaltet es sich für das kulturelle Leben im Dorf als äußerst schwierig ohne Bahnhof, denn wir veranstalten vom Feuerwehrverein regelmäßig Volleyballturniere zu denen auch von außerhalb junge Menschen zu uns kommen - die ebenfalls auf die öffentlichen Verkehrsmittel angewiesen sind! Meist ist dies eben am Wochenende der Fall und am Wochenende sind die Züge die einzige Möglichkeit für Personen, die weder im Besitz eines Führerscheins sind, noch mit anderen Fahrgemeinschaften bilden könnten, oder außerhalb von Unterloquitz arbeiten - was den Großteil der Einwohner betrifft - vom Dorf weg.
Seit diesem Jahr ist auch der Fahrradweg in Richtung Bayern eröffnet worden, doch auch die Fahrradfahrer, die plötzlich von schlechten Wetter überrascht werden, hätten keinerlei Möglichkeiten von Unterloquitz wegzukommen.
Es ist damit äußerst schwierig nach Hause zu kommen oder von dort auch einmal wegzukommen! Erst letztes Wochenende haben wir mit meinem Freund eine umständliche Variante genutzt nach Hause zu kommen. Wir sind in Saalfeld umgestiegen und in die Regionalbahn in Richtung Leutenberg gestiegen, in Hockerorda ausgestiegen und von da aus nach Unterloquitz mit dem Rad gefahren.
Wäre es denn nicht möglich auf der Strecke Saalfeld-Lichtenfels in beide Richtungen auch einen Bedarfshalt einzurichten?
Ich hoffe auf baldige Antwort,
Hochachtungsvoll,
Ihre Nina Schlegel
Sehr geehrte Frau Schlegel,
danke für Ihre Frage und den Bericht über die "Odyssee", die Sie hinter sich haben. Es ist, wie Sie vielleicht hier im Portal erkennen können, nicht das einzige Problem, daß wir mit Bahnstrecken haben...
Für mich gibt es zwei maßgebliche Gründe, weshalb an solchen Zuständen etwas geändert werden muß:
1. Die Vernachlässigung der Schienenwege, "weil es sich (angeblich) nicht rechnet", ist der Grund, warum Menschen immer wieder ins Auto steigen. Die Hintansetzung des Öffentlichen Nahverkehrs, auch des Schienen-Personen-Nahverkehrs ist ein maßgeblicher Grund für den anhaltenen "Siegeszug" des individuellen PKW-Verkehrs. Wir wissen aber, daß uns diese Entwicklung am Ende in Klima- und Umwelt-Folgen verdammt teuer kommen wird... Schon deswegen sollten Bahnlinien nicht nur erhalten und betrieben werden, sondern auch so frequentiert sein, daß es attraktiver ist, diese zu benutzen als das auto. Dann wären manche Regionen in unserem Lande lebenswerter und mancher käme vielleicht nicht so schnell auf die Idee "auszuwandern" - 121 Menschen jeden Tag aus Thüringen...
2. Eine Region, die neben kleinen und mittelständischen Unternehmen stark auf Tourismus und Kultur setzt, kann nur erfolgreich sein, wenn in einem komplexen Konzept auch die Verkehrsver- und -anbindungen eine entsprechende Rolle spielen. Niemand besucht auf die Dauer gern eine Region, von der bekannt ist, daß man viel Zeit "herumhängt", statt sie kennenzulernen oder genießen zu können. Tourismus-Konzepte leben nicht nur von einer guten Information über die Möglichkeiten, sondern auch von guten, auf einander abgestimmten Verkehrsbeziehungen. Dazu gehören auch genügend Haltestellen oder -punkte...
Ob kurfristig eine Änderung erreicht werden könnte, habe ich die Kreistagsabgeordneten der LINKEN gebeten zu erfragen... Wäre ich im neuen Landtag, würde ich ihnen dann von der "Landesseite" her die notwendige Unterstützung geben. Und die Möglichkeit einer Petition an den Landtag hätten Sie auch noch, dann müßte die Landesregierung zunächst erst einmal erklären, warum sie den derzeitigen Zustand offenbar für akzeptabel hält...
In der Hoffnung, daß Ihnen diese Antwort zunächst erst einmal genügt, und mit freundlichem Gruß
Roland Hahnemann