Frage an Roderich Kiesewetter von Klaus H. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Kiesewetter,
die Bundesregierung erlaubt in fast unbegrenztem Umfang Waffenlieferungen in alle möglichen Staaten, auch in aktuelle Krisengebiete. Gleichzeitig gibt sie Milliarden aus für die Verhinderung von Waffenschmuggel (z.B. im Mittelmeer vor dem Libanon und im Indischen Ozean vor Somalia).
Halten Sie es für richtig, dass die Bunderegierung die Genehmigung für solche Exporte erteilt und damit das Wettrüsten in Nahost geradezu anheizt? Hier ist insbesondere auf den Panzerverkauf an Saudi Arabien und den U-Bootverkauf an Israel (und in diesem Fall zu einem beachtlichen Anteil auf Kosten der Steuerzahler!) hinzuweisen.
Zum Thema U-Bootverkauf möchte ich Sie auf den Artikel des Herrn Jakob Augstein vom 4.6. im Spiegel („Die deutsche Atomlüge“) aufmerksam machen. Auch die von Israel nicht eingehaltenen Zusagen nichtfinanzeller Art sind hierbei bemerkenswert (z.B. Änderung der Siedlungspolitik, Genehmigung des Klärwerkbaus in Gaza).
Wie stehen Sie zu diesem Thema, und was werden Sie als Mitglied des Ausschusses für Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung tun, um diesen Wahnsinn zu beenden?
Mit freindlichem Gruß, Klaus Heckel
Sehr geehrter Herr Heckel,
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 6. Juni 2012.
Entgegen Ihrer Vermutung erlaubt die Bundesregierung mitnichten „in fast unbegrenztem Umfang Waffenlieferungen …auch in aktuelle Krisengebiete“. Das Gegenteil ist richtig: Deutschland hat sich selbst eine strenge Selbstbeschränkung bei Rüstungsexporten auferlegt. Die Bundesregierung entscheidet über Rüstungsexporte im Einzelfall und im Lichte der jeweiligen Situation nach sorgfältiger Prüfung unter Einbeziehung außen- und sicherheitspolitischer Erwägungen. Grundlage hierfür sind die „Politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern" aus dem Jahr 2000 und der „Gemeinsame Standpunkt 2008/944/GASP des Rates der Europäischen Union vom 8. Dezember 2008 betreffend gemeinsame Regeln für die Kontrolle der Ausfuhr von Militärtechnologie und Militärgütern". Nach diesen Grundsätzen kommt der Beachtung der Menschenrechte im Empfängerland eine besondere Bedeutung zu.
Die NATO und der Westen können nicht alle Konflikte auf der Welt alleine lösen, daher kommt den aufstrebenden Schwellenländern und Regionalorganisationen mehr Verantwortung zu als bislang. Wir müssen daher die Staaten, die bereit sind, sich zu engagieren, auch dazu befähigen. Wie die Kanzlerin sage auch ich ausdrücklich: Das schließt auch den Export von Waffen mit ein – dies selbstverständlich nur nach klaren und weithin anerkannten Prinzipien.
Die Genehmigung für den Export von U-Booten mit modernem Brennstoffzellenantrieb ist 2005 von der rot-grünen Regierung Schröder / Fischer erteilt worden. Die Lieferung der U-Boote steht also in der Kontinuität der Vorgängerregierung. Die U-Boote werden von Deutschland ohne Bewaffnung geliefert. Die Entscheidung, ob und wie die U-Boote nach ihrer Auslieferung bewaffnet werden, wird nicht von der Bundesregierung getroffen, sondern allein auf israelischer Seite.
Die Bundesregierung befördert mit der Lieferung dieser U-Boote kein Wettrüsten im Nahen Osten. Sie sind Bestandteil der israelischen Strategie zur Selbstverteidigung. Dazu einen Beitrag zu leisten, ist Deutschland aus historischer Verantwortung bereit – das haben alle bisherigen Bundesregierungen zum Ausdruck gebracht. Bundeskanzlerin Merkel hat vor vier Jahren vor dem israelischen Parlament gesagt: „Die Sicherheit Israels ist für mich als deutsche Bundeskanzlerin niemals verhandelbar.“
Israels Territorium ist so klein, dass das Land durchaus vernichtet werden könnte, etwa durch iranische Atombomben. Seegestützte Nuklearwaffen können eine zusätzliche Sicherheit sein, um einen Angreifer vom Einsatz von Massenvernichtungswaffen abzuschrecken. Sie verringern also die Wahrscheinlichkeit eines Nuklearkrieges, weil ein Angreifer weiter mit einem Gegenschlag rechnen muss. Für den Nahost-Konflikt sind die U-Boote irrelevant und stehen einem Frieden zwischen Israelis und Palästinensern sowie einer Zwei Staaten-Lösung nicht im Weg.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Roderich Kiesewetter