Frage an Robin Thiedmann von Ole V. bezüglich Wirtschaft
China schottet sein Internet total von westlichen Diensten wie z.B. Google und seine Wirtschaft von ausländischen Übernahmen ab. Gleichzeitig erlauben wir China, unser Internet mit bedenklichen Diensten wie z.B. TikTok zu fluten und wichtige Industrieunternehmen aufzukaufen. Ich finde, Europa sollte keine Toleranz mit Intoleranten zeigen. Wie wollen Sie mit dieser drängenden Frage umgehen?
Sehr geehrter Herr V.,
das ist eine schwierige Frage, um die ja momentan auch erbittert
gestritten wird. Wer die Festnahme der Huawei-Managerin mitbekommen hat,
der sieht, dass der US-China Konflikt rund um Wirtschaft und
Telekommunikation, die zur Spionage verwendet werden kann, ziemlich
offen ausgetragen wird.
Auch in Europa beschäftigt uns die Frage, wie offen der europäische
Markt für ausländische Investoren sein sollte. An dem Beispiel der Firma
Hummer sieht man, dass sich China inzwischen auf eine einfachere Art der
Industriespionage verlegt hat: Das Einkaufen, abziehen von Technologie
und Reproduzieren. Hier sind inzwischen alle ziemlich vorsichtig
geworden, was u.a. das Veto der Bundesregierung bei dem Kuka-Deal erklärt.
Auf der anderen Seite brauchen Firmen aber auch Kapital und erst recht
für eine angeschlagene Firma können Investitionen aus dem Ausland
rettend sein. Würde man hier also alle Investitionen verbieten, könnte
das bedeuten, dass manche Unternehmen pleite gehen, mit entsprechendem
Verlust von Arbeitsplätzen, Wirtschaftsleistung und Know-How. Auch wäre
dann die zweite Frage, ob man sich dadurch nicht in einen Handelskrieg
begibt, bzw. diesen anheizt. Denn auf Sanktionen und Protektionismus
folgen beinahe immer direkt ebenfalls protektionistische Maßnahmen der
Gegenseite als Antwort. Und schlussendlich - und das werfen Sie ja auch
als Thema auf - ist es auch eine Wertefrage: Stehen wir auch in Europa
noch für offene Märkte und Martkzugänge? Unter welchen Umständen müssen
Einschränkungen erfolgen? Können wir an unseren vorherigen Überzeugungen
auch in einer sich wandelnden Weltlage und geänderten geostrategischen
Gegebenheiten festhalten?
Man darf sich also nicht dazu hinreißen, hier einfache Antworten zu
suchen, denn es ist eine sehr komplexe Mischung von strategischen
Interessen wie Sicherheit, Informationen und Aufklärung, wirtschaftliche
und diplomatische Dominanz, Ausrüstung und technologische Vorteile, etc.
Unsere Position lässt sich deshalb folgendermaßen zusammenfassen:
Wir treten grundsätzlich für Freihandel ein und befürworten das Abbauen
von Handels- und Investitionshemnissen. Wichtig bei der Beurteilung von
Investitionsbregrenzungen ist jedoch, welche Bereiche in welcher Höhe
betroffen sind. In sicherheitsrelevanten Bereichen muss jederzeit volle
europäische Kontrolle bestehen. In strategisch relevanten und momentan
nicht konkurrenzfähigen Bereichen könnten Investitionsbeschränkungen
wichtig zum Aufbau und der Sicherung des langfristigen Erfolgs sein.
Mit besten Grüßen
Robin Thiedmann