Frage an Robin Thiedmann von Tim Tula H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Glauben Sie, dass auch in Zukunft ähnliche Strömungen die Parteienlandschaft hierzulande dominieren (Christdemokraten, Grüne, Sozialdemokraten, Wirtschaftsliberale, Linke und sogenannte Alternativen)?
Hallo Herr H.,
ich denke, dass unser Parteiensystem ebenso im Wandel begriffen ist, wie unsere gesamte Gesellschaft. Wir erleben zunehmend, wie alte Bruchlinien, Wählermilieus und Identifikationsgruppen verschwimmen, sich neu mischen und neue Gruppen entstehen. Die Zeit der Volksparteien neigt sich dem Ende oder ist vielleicht sogar schon zu Ende gegangen.
Statt großer Lagerbildung mit großen ideologischen Konfliktlinien erleben wir eine starke Individualisierung der Gesellschaft. Das verkompliziert vieles natürlich, denn man findet sich in vielen verschiedenen Rollen und Gruppenzugehörigkeiten wieder. Genau diese steigende Komplexität erleben wir auch in unserem Parteiensystem.
Unsere Partei der Humanisten ist ja eines der besten Beispiele dafür: Wir ordnen uns keinem der klassischen ideologischen Lager zu, sondern kombinieren verschiedene Ansätze und viele unterschiedliche Menschen unter dem einenden Dach der Rationalität und Wissenschaft.
Dieser Trend ist auch keine deutsche Ausnahme, sondern vollzieht sich überall in Europa. Man muss nicht nur in die Niederlande schauen, um begründet zu vermuten, dass wir wohl in Zukunft ein Parlament mit vielen kleineren Parteien haben werden, die flexibler Zusammenarbeiten und flexible Koalitionen bilden.
Doch das ist nichts schlechtes, im Gegenteil: Ich denke so lassen sich in Zukunft die Interessen und Lebenswelten der Wähler sogar besser abbilden und vertreten. Und zu denjenigen, die Chaos und Blockade vermuten, möchte ich sagen: Keine Sorge, im europäischen Parlament klappt das auch sehr gut mit noch wesentlich mehr Parteien, als das deutsche jemals fassen wird.
Mit besten Grüßen
Robin Thiedmann