Frage an Robin Thiedmann von Olaf S. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Lieber Robin Thiedman,
die Humanisten halten sich den eigenen Aussagen nach an wissenschaftliche Fakten bei ihrer Politik. Deshalb möchte ich Dich fragen, wie die Partei der Humanisten über die Schulstreiks von #FridaysForFuture denkt. Kann man das tolerieren, sollte man es unterstützen oder sollte man besser auf die Schulpflicht pochen und notfalls auch mit staatlicher Gewalt (Bußgelder, Sitzenbleiben, etc.) einfordern?
Sehr geehrter Herr S.,
so wie ich Ihre Frage verstehe, bezieht sie sich auf zwei
unterschiedliche Aspekte:
1. Die Frage nach der "faktenbasierten Politik".
2. Die Frage, was in Bezug auf F4F wichtiger ist: Schulpflicht oder
politische Partizipation.
Zu 1.:
Dass wir uns eine wissenschaftliche und faktenbasierte Politik zum Ziel gesetzt haben bedeutet für uns, dass wir nicht nur einfach unsere Positionen und Forderungen aus unseren grundlegenden Werten direkt ableiten und auf Fragen und Probleme immer die gleichen einfachen Antworten anhand einer idologischen Linie geben, sondern dass wir jede mögliche Position kritisch und anhand wissenschaftlicher Fakten prüfen und diejenige Position beziehen, die auf Grundlage dieser Fakten am besten geeignet ist, um ein Problem zu lösen.
In Bezug auf den Klimawandel bedeutet das bspw., dass wir den Empfehlungen des IPCC und zahlreichen Untersuchungen zur Energieversorgung folgen und Kernkraft als klimaneutrale Brückentechnologie zum schnellen Ausstieg aus fossilen Brennstoffen weiterhin nutzen wollen. Ohne Kernkraft werden wir weder das 1,5 noch das 2 Grad Klimaziel bis 2050 einhalten können - das ist ein Fakt und der lässt sich auch nicht mit viel gutem Willen wegdiskutieren. Das wäre bspw. eine Forderung, mit der wir uns sicherlich von vielen F4F Unterstützern unterscheiden, die unpopulär ist, aber durch die Faktenlage eindeutig gestützt wird.
Zu 2.:
Am 22. März 2019 hatte meine Partei auf Twitter folgendes Statement gegeben:
"Über Details kann man streiten, aber im Kern hat die #FridaysForFuture-Bewegung recht: #Kohle bis 2038 ist keine Option. Wir müssen uns an Experten halten, brauchen ambitionierte Pläne und Technologieoffenheit, um die Folgen des anth. Klimawandels zu minimieren und aufzufangen." (https://twitter.com/DieHumanisten/status/1109055152181387265)
Wir teilen also grundsätzlich das Ziel, den Klimawandel zu bekämpfen und deshalb so schnell wie möglich die CO2-Emissionen zu reduzieren, haben im Detail aber andere Lösungsvorschläge und befürworten nicht alles, was in der sehr heterogenen Bewegung F4F gefordert wird.
Zu der Frage, was jetzt wichtiger ist, Schulpflicht oder politische Partizipation gibt es keine Parteiposition. Hier kann ich nur meine persönliche Antwort geben.
Ich denke, dass das Pochen auf die Schulpflicht ein vorgeschobener Grund ist und der eigentlich Kontrapunkt der Kritiker sich auf Demos für Klimawandel (der von einigen angezweifelt wird) generell und eine "grüne Ideologie" bezieht. Doch der Klimawandel ist die größte Herausforderung unserer Zeit und wir müssen alle entschlossen dafür einstehen, all zu große Katastrophen zu verhindern. Dazu muss jetzt gehandelt werden. Wenn der Preis für einen Wandel in der Klimapolitik der Regierung einige verpasste Schulstunden für einen Teil der Schüler in Deutschland ist, dann denke ich, dass es das absolut wert ist. Doch diese Entscheidung muss jeder Schüler und jede Schülerin und jeder Elternteil für sich und ihre eigenen Kinder selber treffen. Wir schauen immer wieder auf die 68er und den großen Einfluss, den diese zivilgesellschaftliche Bewegung hatte. Nun hat F4F es geschafft, mehr Menschen als in den 68ern zu mobilisieren. Die angeblich so "desinteressierte, politikverdrossene" Jugend steht für sich, ihre Zukunft und ihre Ideale ein. Sie lernt mit jeder Demonstration, was es heißt, ein Teil der Zivilgesellschaft zu sein und sich politisch zu beteiligen. Das finde ich absolut lobens- und unterstützenswert!
Mit besten Grüßen
Robin Thiedmann