Frage an Robert Heinemann von Robert S. bezüglich Bildung und Erziehung
Sehr geehrter Herr Heinemann,
vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort! Erlauben Sie mir, zu erklären, warum ich Sie so piesacke: ich möchte, dass unser Staat noch unsere Renten zahlen kann - Ihre und meine. Unser Schulsystem entläßt 10% der ihm Anvertrauten ohne jeden Abschluß. Aber deutsche Firmen müssen Aufträge wg. Fachkräftemangel ablehnen. Ein deutscher Nobelpreisträger distanziert sich öffentlich vom deutschen Wissenschaftssystem. Wir können es uns nicht mehr leisten, Schüler auszusieben. Wir müssen in Zukunft jeden Schüler zu seinem Potenzial führen. Sonst bezahlen wir deren Stütze und die nicht unsere Rente. Zur "Späten Selektion" und "Durchlässigkeit": die Entscheidung, ob ein Kind Maurer oder Professor wird, darf (s. oben) nur noch aufgrund seiner Begabung geschehen. Und das geht bei 10-12jährigen nur im extremen Ausnahmefall. Eine Stadtteilschule ohne Sek II hat verloren - niemand wird sein Kind dahin schicken. Wie stellen Sie sicher, dass es an jeder StS die Möglichkeit zum Abitur geben wird? Auch, wenn z. B. bauliche Erweiterungen nötig sind? Woher kommt das Geld? Bis zum Sommer 2010 ist wenig Zeit, wenn so heterogene Schulen zusammenwachsen sollen. Wie ist der Masterplan dafür? Die Stadtteilschulen werden radikal umgebrochen, die Gym bleiben, wie sie sind. Auch das könnte für Eltern das Gym verlockender machen, als die StS. Was passiert mit der besseren Ausstattung der StS in (z. B.) 5 Jahren, wenn die Eltern weiterhin zu 50% ihre Kinder zum Gymnasium schicken? Ach ja, 50% in der 5. Klasse und 27% im Abitur: Wie soll diese Reduktion auf (fast) die Hälfte gehen? Nach Kl. 6 mit dem eisernen Besen kehren? 50% auf´s Gym - davon 50% zurück auf die StS? Wozu? Wenn Sie das mit dem "individuellen Lernen" ernst meinten, wäre dieser ganze Zirkus unnötig.
Herzliche Grüße
Ihr Robert Schneider
PS: Meine Analyse der Aussagen der Fachleute finden Sie unter: http://homepage.hamburg.de/RobertSchneider/bbs/Public/Download/Die Forderungen der Experten.pdf
Sehr geehrter Herr Schneider,
Sie "piesacken" mich ganz und gar nicht - aber auf Ihre Fragen haben wir im Bericht der Enquete-Kommission und vor allem im Positionspapier der CDU (auf meiner Homepage) durchaus bereits Antworten gegeben.
Wenn Sie z.B. nach Frankreich schauen, können Sie feststellen, dass eine "Schule für alle" nicht notwendiger Weise allen Kindern ermöglicht, ihr Potential auszuschöpfen. Gerade dies zu erreichen, war und ist übrigens auch ein Ziel des gegliederten Schulsystems - und wie ich bereits zitiert habe, wollen noch nicht einmal die PISA-Forscher eine Antwort darauf geben, welches System dies nun besser kann.
Es ist ein ständiges - bewusstes oder unbewusstes - Missverständnis, dass im gegliederten Schulsystem in der 4. oder 6. Klasse entschieden werde, ob ein Kind "Maurer oder Professor" werde. Das ist völlig unsinnig. Immerhin 50% aller Realschulabsolventen wechseln in Hamburg auf ein Aufbau- oder ein berufliches Gymnasium. Und wie Sie selber schreiben, machen längst nicht alle Gymnasiasten Abitur (und auch nicht alle Abiturienten werden Professor, manche hingegen sogar Maurer).
Die Frage, wie jede Stadtteilschule zum Abitur führen kann, haben wir in den Papieren nun wirklich ausführlich beantwortet (z.B. durch eigene Oberstufen wie an der Hälfte der Gesamtschulen oder durch gemeinsame Oberstufen wie beim Eimsbüttler Modell). Die Gymnasien bleiben auch nicht wie sie sind - auch das führt der Bericht der Enquete-Kommission deutlich aus (u.a. keine Abschulung mehr ab Klasse 7, Reduzierung der Zahl der Wiederholer). Im übrigen hat bereits der deutliche Anstieg der Anmeldezahlen an den Gymnasien dazu geführt, dass sich diese verändern mussten und verändert haben.
Mit freundlichen Grüßen
Robert Heinemann
Schulpolitischer Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion