Frage an Robert Habeck von Gerhard R. bezüglich Verbraucherschutz
Sehr geehrter Herr Dr. Habeck,
zur Bundeswehrwerbung bei Minderjährigen unter Verstoß gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb:
Bundeswehr wirbt in Schulen um Nachwuchs | Deutschland | DW ...
www.dw.de
9. Febr. 2010 – Oberleutnant Norman von Palubitzki lässt seinen Blick über die 25 Schüler in der Aula des Sally-Bein Gymnasiums im brandenburgischen ...
Die Friedensbewegung hat es in vielen Jahren nicht geschafft, das Ende der Bundeswehrpräsenz in Schulen zu erreichen.
Eltern und Schüler/innen müssen damit rechnen, daß die Ausnutzung der Unerfahrenheit junger Menschen nicht nur vom Bundeswehroffizier sondern auch von der Schulleitung gewollt ist.
Der Schulleiter in der brandenburgischen Schule rechtfertigte sein Verhalten mit dem Hinweis auf das Fehlen von Arbeitsplätzen in der Region.
Besser als in der Panoramasendung - Fundstelle nachfolgend - kann die Irreführung durch die Bundeswehrwerbung nicht beschrieben werden.
Der Lehrer bedauerte, daß der Offizier nicht über PTBS gesprochen hatte. Der Lehrer war anwesend. Warum hat er nicht gesteuert?
Bedingt einsatzbereit: Bundeswehr gehen die Soldaten aus Panorama
daserste.ndr.de/panorama/archiv/2011/bundeswehr229.html
31. März 2011 – Die Wehrpflicht ist ausgesetzt, aber die Armee braucht Soldaten: 12.000 Freiwillige pro Jahr. Panorama über die verzweifelte Suche nach den
Wie werden die Grünen sicherstellen, daß in schleswig-holsteinischen Schulen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb beachtet wird? Sollte die Beschreibung von Kriegsfolgen in den
Lehrplan aufgenommen werden?
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Reth
Sehr geehrter Herr Reth,
zu Ihrer Frage nach unlauterer Nachwuchsgewinnung der Bundeswehr an den Schulen:
Undifferenzierte Information und Nachwuchswerbung der Bundeswehr hat im Unterricht nichts zu suchen. Daher werden wir auf die Einhaltung bestehender gesetzlicher Regelungen pochen: Laut dem schleswig-holsteinischen Schulgesetz darf die Schule Sachverhalte nicht politisch einseitig behandeln (SchulG § 4 Abs. 10).
Wir finden es richtig und begrüßen es, wenn die Schulen in eigener Verantwortung Expertinnen und Experten aus dem gesellschaftlichen Leben zu Informationszwecken einladen. Aber die Lehrerinnen und Lehrer haben den expliziten Auftrag, dafür Sorge zu tragen, dass Sachverhalte, die in der Gesellschaft kontrovers diskutiert, im Unterricht auch kontrovers dargestellt und behandelt werden. Wenn also die Schule Mitglieder der Bundeswehr z.B. zum Lehrplanthema „Internationale Beziehungen/Konflikte/Friedenssicherung“ einlädt, müssen auch die Folgen von Krieg sowie politische Alternativen wie Pazifismus dargestellt werden. (In ihrer Ausbildung lernen angehende PolitiklehrerInnen dieses Vorgehen als "Beutelsbacher Konsens" und damit als ein Grundprinzip politischer Bildung kennen.) Sollten wir merken, dass dies in der Praxis nicht geschieht, müssen wir dem mit expliziteren Leitlinien und ggf. gesonderten Fortbildungen abhelfen.
Es steht den Schulen frei, die Bundeswehr wie jeden anderen potenziellen Arbeitgeber zur Berufsinformation in die Schule einzuladen. Aber auch hier gilt: undifferenziert geht nicht. Und erst recht geht es nicht, wenn die Nachwuchsrekrutierung unter dem Deckmantel der politischen Information daher kommen sollte. Hier gilt das gleiche wie bei der politischen Bildung: Es ist die Aufgabe der einladenden Lehrerinnen und Lehrer, das sicherzustellen. Eine gesonderte Kooperationsvereinbarung zwischen dem Bildungsministerium und der Bundeswehr, wie sie in anderen Bundesländern zum Teil geschlossen worden ist, lehnen wir ab.
Zu Ihrer Frage, ob die Beschreibung von Kriegsfolgen in den Lehrplan aufgenommen werden sollte:
Ja, die Folgen von Kriegen müssen natürlich Thema im Unterricht sein. Im Lehrplan für das Fach "Weltkunde" in der Sekundarstufe I in Schleswig-Holstein heißt es dazu in meinen Augen treffend: "Häufig informieren Nachrichten und Berichte jedoch nur unzureichend über die wahren Ursachen des Krieges, das Elend des Krieges oder über seine kurz- und langfristigen Folgen. Durch die Untersuchung zurückliegender und aktueller Kriege können Schülerinnen und Schüler ein differenzierteres Verständnis von Kriegsursachen, -verläufen und Möglichkeiten zur Verhinderung von Kriegen erwerben. Sie gewinnen Argumente dafür, daß Krieg als Mittel der Durchsetzung politischer Ziele und von Gruppeninteressen grundsätzlich abzulehnen ist. Durch die Auseinandersetzung mit verschiedenen Formen der Friedensbewegung und ihren Mitteln können sie Wege erkennen, sich aktiv für die Sicherung und Erhaltung des Friedens einzusetzen."
Nun ist der Umstand, dass etwas im Lehrplan steht, noch keine Garantie dafür, dass das Thema auch jede Schülerin und jeden Schüler im Land erreicht. Daher werden wir das Bildungssystem insgesamt stärken, indem wir die Mittel, die durch den Rückgang der SchülerInnenzahlen frei werden, an den Schulen lassen: Wir wollen wieder mehr Stunden, in denen zwei LehrerInnen mit der Klasse arbeiten (um jede/n einzelne/n fördern zu können). Wir brauchen eine Fortbildungsinitiative für die LehrerInnen. Und wir werden die Schulen bestärken und unterstützen bei der Individualisierung der Lernprozesse, der eigenverantwortlichen Gestaltung der Lernwege durch die Kinder und Jugendlichen, der Entwicklung der Schule zu einem echten Lebens- und Erfahrungsraum, etc. Unser Ziel ist es, dass die Jugendlichen als starke Persönlichkeiten die Schulen verlassen und sich, z.B. im Bewusstsein der Folgen von Krieg, aktiv in die Gesellschaft einbringen.
Robert Habeck