Frage an Rita Schwarzelühr-Sutter von Edgar H. bezüglich Familie
Betrifft: Eltern- und Kindergeld - sozial gerechte (Um-) Verteilung
Sehr geehrte Frau Schwarzelühr-Sutter.
Staatliche, finanzielle Hilfen oder Zuschüsse sind stets vom Einkommen/Rücklagen der Antragsteller abhängig - nur nicht das Kindergeld.
Wäre es nicht sinnvoller und sozial gerechter, dies zu ändern, indem man eine ’Einkommens-Obergrenze’ hierfür festlegt und sich ansonsten die Regelhöhe – wie bewährt – auch weiterhin einzig an der Reihenfolge der Geburten orientiert?
Darüber, dass das "Erziehungsgeld" gestrichen wurde und jetzt beim "Elterngeld" die ´Sozialleistungen´ genau anders herum berechnet werden, d. h., dass die sog. ´Besserverdiener´ bis zu 1.800 €/Monat, ´Geringverdiener´ jedoch nur einen Bruchteil hiervon erhalten, möchte ich mich an dieser Stelle lieber erst gar nicht ´auslassen´ ...
Für Ihre Bemühungen sowie Ihr Verständnis bedanke ich mich bestens im Voraus und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Edgar Haas
Sehr geehrter Herr Haas,
vor 1996 war das Kindergeld schon einmal eine Sozialleistung, die nur an Familien mit mittleren und geringen Einkünften gezahlt wurde. Nach entsprechenden Urteilen des Bundesverfassungsgerichts hat sich der Gesetzgeber dafür entschieden, das Kindergeld in das Steuersystem zu überführen. Nach Auffassung des höchsten deutschen Gerichts erfordert der Grundsatz der Besteuerung nach Leistungsfähigkeit, dass der Aufwand für Kinder im Steuerrecht umfassend berücksichtigt werden muss. Der Gesetzgeber sei demnach verpflichtet, Familien mindestens in Höhe der maximalen Wirkung einer steuerlichen Freistellung des Aufwandes für Kinder finanziell zu fördern. Wenn wir heute also ein nach Einkommen gestaffeltes Kindergeld als Sozialleistung des Staates wieder einführen wollten, müssten wir parallel dazu die steuerlichen Vorteile für Spitzenverdiener, zumindest in einem erheblichen Umfang, weiter gewähren. Unter dem Strich würde sich an der von Ihnen zu Recht kritisierten geltenden Rechtslage kaum etwas ändern.
Wenn man aber für alle Familien ein Kindergeld mindestens in Höhe der maximalen Wirkung von kindbezogenen Steuerfreibeträgen einführen wollte, wäre das ein finanzieller Kraftakt, der mit Blick auf alle Staatsausgaben, insbesondere mit Blick auf notwendige Zukunftsinvestitionen, zur Zeit meines Erachtens nicht verantwortbar wäre. Rechnerisch wäre dazu ein monatliches Kindergeld in Höhe von zurzeit 230 Euro erforderlich. Dafür müsste der Staat mehr als 10 Milliarden Euro zusätzlich jährlich aufwenden.
Als zielführender erachte ich den Vorschlag des SPD-Präsidiums vom 9. Juni 2008. Danach wollen wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten den Familienleistungsausgleich so umgestalten, dass der Staat im Ergebnis alle Kinder mit einem gleich hohen Kindergeld fördert. Dazu wollen wir die Freibeträge für Kinder im Steuerrecht so umgestalten, dass sie künftig bereits ab dem ersten Euro Wirkung entfalten und nicht erst für Spitzenverdienerinnen und Spitzenverdiener. Mit diesem Vorschlag wollen wir Ihren Wunsch nach der Schaffung von sozialer Gerechtigkeit beim Kindergeld erfüllen. Jedes Kind soll dem Staat in Zukunft gleich viel wert sein.
Im Übrigen bin ich der Meinung, dass auch das Elterngeld sozial gerecht ausgestaltet ist. Wir wollten damit vor allem Berufsausstiegsfallen für Frauen verhindern und haben deshalb den Elterngeldbezug auf grundsätzlich maximal 12 Monate für ein Elternteil begrenzt. Für die sehr wenigen Spitzenverdienerinnen und -verdiener unter den jungen Eltern haben wir das Elterngeld auf 1.800 Euro begrenzt. Ersetzt wird mit dem Elterngeld nur das tatsächlich durch die Geburt eines Kindes wegfallende Einkommen. Bezieherinnen und Bezieher von Transferleistungen erhalten dagegen das Mindestelterngeld zusätzlich. Geringverdienerinnen und -verdiener bekommen eine höhere prozentuale Erstattung des wegfallenden Einkommens. Auch gering verdienende freiberuflich Tätige profitieren vom Elterngeld. Für Mehrkindfamilien gibt es einen Geschwisterbonus.
Wir haben mit unseren Erhöhungen beim Kindergeld, Kinderzuschlag, Wohngeld und BAföG sowie der besseren steuerlichen Berücksichtigung von Betreuungskosten und haushaltsnahen Dienstleistungen das finanzielle Fundament von Familien gestärkt. Diese Säule unserer Familienpolitik werden wir auch in Zukunft ausbauen. Bereits im Herbst diesen Jahres planen wir auf der Basis der Daten des Existenzminimumsberichts weitere Kindergelderhöhungen. Daneben setzen wir auf mehr und bessere Bildungs- und Betreuungsangebote und machen uns für mehr Familienfreundlichkeit in der Gesellschaft, insbesondere bei Arbeitgebern, stark.
Mit freundlichen Grüßen
Rita Schwarzelühr-Sutter, MdB