Frage an Rita Schwarzelühr-Sutter von andré t. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Die Bundesminister üben im EU-Ministerrat eine gesetzgebende Funktion aus. Im Rahmen der Mitentscheidung (mit dem EU-Parlament ) verabschieden die Minister mit der qualifiziertzen Mehrheit die Europäischen Richtlinien (=Gesetze).
Leider habe ich aus den gängigen Medien nie erfahren, wie diese Minister (also Deutschland und die anderen Mitgliedsstaaten) bei den verschiedenen Richtlinien abgestimmt haben.
Meine Fragen an Sie, als MdB:
1-Besitzen die Minister im EU-Ministerrat ein imperatives Mandat?
2- Wenn ja, von wem?
3- Als MdB können Sie Einfluß über das Votum Deutschland´s im besagten Rat nehmen?
4- Die EU-Richtlinien stehen über die Bundesgesetze. Warum werden die Ergebnisse der Abstimmungen im EU-Ministerrat nicht publik gemacht.?
Für Ihre Antwort, sehr geehrte Frau Schwarzelühr-Sutter, bedanke ich mich im voraus.
André Thomas , Lehrer am Deutsch-Franz. Gymnasium Freiburg
Sehr geehrter Herr Thomas,
aufgrund der Vielzahl der bei mir eingehenden Fragen schaffe ich es nicht immer, alle Anfragen in der gebotenen Schnelligkeit zu beantworten. Ich bitte Sie, dies zu entschuldigen.
Sie haben Recht, dass im Rat der Europäischen Union die einzelnen Mitgliedstaaten durch die jeweiligen Fachminister ihrer Regierungen vertreten sind. Die Arbeit und Abstimmung im Ministerrat gehören zur Regierungspolitik und unterliegen keinem imperativen Mandat. Die Minister gehen formal ohne Votum zu einer Ratssitzung. Allerdings hat der Bundestag die Möglichkeit, zum Beispiel durch Stellungnahmen und Anträgen, auf die Willensbildung Einfluss zu nehmen.
Nach Artikel 23 Abs. 2 Satz 2 GG hat die Bundesregierung gegenüber dem Deutschen Bundestag eine umfassende Informationspflicht. Darüber hinaus muss sie dem Deutschen Bundestag gemäß Artikel 23 Abs. 3 Satz 1 GG Gelegenheit zur Stellungnahme vor ihrer Mitwirkung an Rechtsetzungsakten der Europäischen Union geben. Nach Artikel 23 Abs. 3 Satz 2 GG berücksichtigt die Bundesregierung die Stellungnahmen des Deutschen Bundestages bei den Verhandlungen. Ihr wird damit eine Befassungs-, Begründungs- und Sorgfaltspflicht auferlegt. Außerdem ist die Bundesregierung damit verpflichtet, die Argumente des Deutschen Bundestages zur Kenntnis zu nehmen, sich mit ihnen auseinander zu setzen und sie in ihre Entscheidung einzubeziehen. Sie ist jedoch rechtlich nicht an sie gebunden.
Der Ministerrat wechselt seine Zusammensetzung je nach Beratungsgegenstand: So treffen sich im "Allgemeinen Rat" die Außenminister der EU-Mitgliedstaaten, die Verkehrsminister bilden den "Verkehrsrat“. In der praktischen politischen Arbeit im Bundestag sieht es dann so aus: In einer Ausschusssitzung vor dem Verkehrsrat werden die Mitglieder des Verkehrsausschusses über die Tagesordnung der Sitzung, über die anstehenden Entscheidungen und über die Position der Bundesregierung informiert. Im Ausschuss findet darüber eine Diskussion statt. Hier kann ich unmittelbar meine Position zu einem Thema dem zuständigen Bundesminister erläutern und meine Argumente vorbringen. Nach dem Verkehrsrat werden wiederum dem Verkehrsausschuss die Ergebnisse vorgestellt und darüber diskutiert. Insgesamt werden wir durch die Bundesregierung umfassend zum frühestmöglichen Zeitpunkt über alle Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union, die für die Bundesrepublik Deutschland von Interesse sein könnten unterrichtet.
Die Entscheidungsfindung auf EU-Ebene ist ein langwieriger und oftmals schwieriger Prozess. Vor einer Beratung im Ministerrat stehen unzählige Konsultationen auf Fachebenen. Letztendliche Entscheidungsbefugnis hat der Europäische Rat, also das Gipfeltreffen der EU-Staats- und Regierungschefs. Der Europäische Rat darf nicht mit Rat der Europäischen Union verwechselt werden.
Die Ergebnisse der Sitzungen werden im Europäischen Gesetzblatt publik gemacht und sind zum Beispiel im Internet nachzulesen.
Ich hoffe, Ihre Fragen zur Ihrer Zufriedenheit beantwortet zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Rita Schwarzelühr-Sutter, MdB