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Rita Schwarzelühr-Sutter
SPD
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Frage von Katja R. •

Frage an Rita Schwarzelühr-Sutter von Katja R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Schwarzelühr-Sutter,

ich bin von einer Parteikollegin angewiesen worden, mich mit meinen Fragen an den/die Abgeordnete meines Wahlkreise, also Sie, zu wenden.
http://www.abgeordnetenwatch.de/dagmar_freitag-778-78110.html

Ich finde es schon bezeichnend, das eine Frage, die sich auf CETA und TTIP bezieht, also wirklich grosse internationale Abkommen mit Hinweis auf einen Wahlkreis in Deutschland abgewiesen wird. Das grosse Denken gilt wohl nur für die Abkommen, aber nicht für das eigenen Handeln. Denken Sie oder Ihre Kollegen wirklich, das ich mir meine Wahlentscheidung nicht aufgrund aller Aussagen der Mitgliedes einer Partei bilde? Wenn ich so barsch abgebügelt werde, dann nimmt das sicher Einfluss auf meine Wahlentscheidung, ob das nun richtig ist oder nicht.

Meine Frage an Sie: Wie stehen Sie zu CETA, der Text müsste ja jetzt in englisch vorliegen? Bei Übersetzungsproblemen können Sie sich sicher an Frau Freitag wenden, die ist dieser Sprache nach eigener Aussage ja mächtig genug, um die englischen Texte zu verstehen. Wann haben Sie die Möglichkeit des Leseraumes für TTIP in Anspruch genommen? Was meine Sie zu der Aussage von Herrn von Bülow, wonach der Leseraum eine Farce ist? http://www.marco-buelow.de/neuigkeiten/meldung/artikel/2016/februar/mein-bericht-aus-dem-ttip-leseraum-fuer-abgeordnete.html

Auch eine Landtagswahlentscheidung hängt immer von der Politik im Bund ab, das sollten Sie vor Ihrer Antwort vielleicht bedenken.

Mit freundlichen Grüssen
Katja Rauschenberg

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Rauschenberg,

vielen Dank für Ihre Anfrage zu den aktuellen Entwicklungen beim CETA-Abkommen und zum TTIP-Leseraum. Gerne möchte ich Ihnen antworten und Ihnen meine Position zu dem Thema darlegen.

Bevor ich mich Ihren Fragen widme, möchte ich an dieser Stelle noch kurz festhalten: Dass meine Kollegin Dagmar Freitag Sie mit Ihrem Anliegen an mich verwiesen hat, halte ich für durchaus richtig. Ihre Aussage erweckt den Eindruck, als würde mit dem Verweis auf die zuständige Abgeordnete/den zuständigen Abgeordneten im Wahlkreis das durchaus wichtige Thema TTIP und CETA entwertet. Ich sehe das anders. Für uns Abgeordnete sind die Anliegen von Bürgerinnen und Bürgern aus unseren Wahlkreisen besonders wichtig für unsere Arbeit – unabhängig von der Dimension der eigentlichen Thematik. Es ist schließlich unsere Arbeit als Abgeordnete, uns um die Anliegen der Menschen zu kümmern. Von daher beantworten wir als zuständige Abgeordnete die Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern zu allen Themen – ob Flüchtlingskrise, Tabakrichtlinie oder aber TTIP und CETA. Ich bin stets an sachlichen Diskussionen mit den Bürgerinnen und Bürgern in meinem Wahlkreis interessiert, da ich diese auch als Grundlage für meine politische Arbeit nehme und ich die Debatten sowohl auf kommunaler als auch auf Bundes- und Landesebene mit einem erweiterten Blickwinkel und ausgewogenen Argumenten führen kann. Die Bitte im letzten Satz Ihres Schreibens, bei der Beantwortung Ihres Anliegens die bevorstehende Landtagswahl in unserem Bundesland zu berücksichtigen, empfinde ich als unangebracht. Ich habe eine klare Position die ich vertrete, die ich nach außen kommuniziere und über die ich auch gerne mit den Bürgerinnen und Bürgern sachlich diskutiere.

Im Folgenden möchte ich aber selbstverständlich auf Ihre Fragen eingehen und Ihnen meine Position erläutern. Wie meine Parteikollegin Dagmar Freitag Ihnen bereits dargelegt hat, ist Kanada ein wichtiger Handelspartner für die EU. Der Abschluss eines Freihandelsabkommens liegt im Interesse der deutschen Wirtschaft und somit auch der Bürgerinnen und Bürger. Selbstverständlich darf der Abschluss eines Freihandelsabkommens jedoch nicht dazu führen, dass europäische Standards in den Bereichen Arbeitnehmerrechte, Daseinsvorsorge, kultureller Vielfalt und beim Verbraucher- und Umweltschutz aufgeweicht oder gesenkt werden. Zum anderen darf es nicht sein, dass rechtsstaatliche Prinzipien und demokratische Beschlüsse umgangen oder ausgehebelt werden können.

Die Verhandlungen über CETA aber natürlich auch über TTIP wurden sowohl von Experten als auch von der Öffentlichkeit stets kritisch begleitet. Sie haben Ihre Bedenken zum Thema ebenfalls vorgebracht. Auch wenn ich Ihre grundlegende Ablehnung des CETA-Abkommens nicht teile, ist die kritische Begleitung jedoch von enormer Bedeutung um positive Veränderungen herbei zu führen. Auch wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben den Vertragstext nicht kritiklos übernommen und uns für Nachverhandlungen beim CETA-Abkommen eingesetzt – mit Erfolg!

Die Europäische Kommission hat kürzlich den überarbeiteten Text des CETA-Freihandelsabkommens vorgelegt. Dass der Text des Abkommens deutliche Verbesserungen, insbesondere beim Investitionsschutz, enthält, ist nicht zuletzt dem Einsatz der deutschen und europäischen Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten zu verdanken.

Der vorgestellte Vertragstext umfasst unter anderem folgende wichtige Änderungen:

- Gesetzgebungen, deren Änderungen sowie die Vergabe oder Kürzungen von Bei-hilfen können nicht angefochten werden und stellen keinen Klagegrund dar
- In Streitfällen kommen nur Schiedsrichter zum Einsatz, die eine entsprechende Qualifikation des Internationalen Gerichtshofes vorweisen können. Sie werden von den Staaten gestellt und die Übernahme eines Falls erfolgt nach dem Zufallsprinzip. Somit wird etwaiger Einfluss von Unternehmen unterbunden.
- Es wird eine Revisionsinstanz eingeführt, die gegebenenfalls inkorrekte Auslegungen und Urteile aus erster Distanz prüft und korrigiert.
- Es gibt nunmehr klare Kriterien für den Umfang etwaiger Schiedsurteile. Die Entscheidungen dürfen Fragen des internationalen Rechts berühren, EU-Recht und Gesetze der Mitgliedstaaten sind nicht Gegenstand möglicher Verhandlungen.
- Festgehalten ist auch der Weg zu einem internationalen Investitionsgerichtshof. Die EU und Kanada wollen gemeinsam die Gründung eines solchen Gerichtshofes vorantreiben.

Die getroffenen Maßnahmen können sich durchaus sehen lassen. Nun heißt es weiterhin den vorliegenden Vertragstext gründlich und ausführlich zu analysieren.

Zu Ihrer Frage bezüglich des eingerichteten TTIP-Leseraums im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie: Ich hatte bisher noch nicht die Möglichkeit, den Leseraum aufzusuchen und mir ein eigenes Bild zu machen. Daher kann ich die Schilderungen meines Parteikollegen Marco Bülow weder bestätigen noch dementieren.

Aktuell steht die zwölfte Verhandlungsrunde zum TTIP-Abkommen an. Bei den aktuell verhandelten Bereichen bestehen derzeit noch erhebliche Unterschiede zwischen den Positionen. Die EU hat kein Interesse an einem Freihandelsabkommen mit einseitigen Eingeständnissen an die USA, sondern an einem Abkommen im Interesse Bürgerinnen und Bürger, der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Dafür werden sich die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten in Deutschland und Europa auch weiterhin stark machen.

Ich danke Ihnen nochmals für Ihr Schreiben und hoffe, dass ich Ihnen bei Ihrem Anliegen weiterhelfen konnte.

Mit freundlichen Grüßen
Rita Schwarzelühr-Sutter

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