Portrait von Rita Schwarzelühr-Sutter
Rita Schwarzelühr-Sutter
SPD
97 %
59 / 61 Fragen beantwortet
Frage von Katja R. •

Frage an Rita Schwarzelühr-Sutter von Katja R. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrte Frau Schwarzelühr-Sutter,

ich habe nur ein paar kurze Fragen, die Sie sicher leicht beantworten können.
Die SPD unter Leitung von Sigmar Gabriel will ein Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung erlassen (das wievielte wäre das dann?)
Alle Erhebungen sprechen gegen eine Wirksamkeit dieses Vorgehens, ist Ihnen das bekannt? Quelle: http://www.carta.info/72182/acht-mythen-zur-vorratsdatenspeicherung/

Der Staat erhebt gegen mich einen Generalverdacht. Welches Vertrauen soll eigentlich ich gegenüber einem Staat aufbringen, der mich ohne jeglichen Anlass 10 Wochen überwacht, weil er mir zutraut, dass ich eine Straftat begehen könnten? Oder umgekehrt: Warum sollte ich einem Staat mehr vertrauen, als er mir vertraut?

Wundern Sie sich ernsthaft noch über Politkverdrossenheit und nachlassende Wahlbeteilung?

Mit freundlichen Grüssen
Katja Rauschenberg

Portrait von Rita Schwarzelühr-Sutter
Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Rauschenberg,

vielen Dank für Ihre Anfrage.

Am 15. April hat Bundesjustizminister Heiko Maas Leitlinien zur Einführung einer Speicherpflicht und einer Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten vorgelegt.
Mit dem Vorschlag von Bundesjustizminister Maas wird eine eng begrenzte Pflicht für alle Telekommunikationsanbieter zur Speicherung von wenigen, genau bezeichneten Verkehrsdaten unter Ausnahme von Diensten der elektronischen Post – also Email – eingeführt.
Oberste Richtschnur aller Regelungen sind für uns die strengen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes und des Europäischen Gerichtshofes. Die von Bundesjustizminister Maas vorgelegten Leitlinien sind viel restriktiver als das vom Bundesverfassungsgericht aufgehobene, ehemalige Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung, viel restriktiver als die aufgehobene europäische Richtlinie und auch viel restriktiver als CDU/CSU es wollen:

- Gespeichert werden müssen nur genau bezeichnete Verkehrsdaten, die bei der Telefonkommunikation anfallen (Rufnummer, Beginn und Ende des Telefonats, im Fall von Internet-Telefondiensten auch die IP-Adressen). Diese Daten sollen zehn Wochen gespeichert werden.
- Für die Bezeichnung der Funkzellen, die durch den anrufenden und den angerufenen Anschluss bei Beginn der Verbindung genutzt werden, gilt eine deutlich kürzere Speicherfrist von vier Wochen. Diese kurze vierwöchige Speicherfrist ist vorgesehen, weil über Funkzellendaten der Aufenthaltsort des Mobilfunknutzers bestimmt werden kann und wir nicht wollen, dass mittels dieser Daten Bewegungs- und Persönlichkeitsprofile erstellt werden können. Zusätzlich muss im richterlichen Anordnungsbeschluss einzelfallbezogen begründet werden, warum der Abruf von Funkzellendaten erforderlich und angemessen ist. Anders als etwa in Frankreich dürfen Kommunikationsinhalte und aufgerufene Internetseiten nicht gespeichert werden.
- Um die Grundrechte der Betroffenen auf Datenschutz und Schutz ihrer Privatsphäre zu wahren, ist der Datenabruf nur zur Verfolgung von schwersten Straftaten möglich. Daten von Berufsgeheimnisträgern wie Journalisten, Anwälten oder Ärzten unterliegen einem Verwertungsverbot. Dies gilt auch bei Zufallsfunden.
- Wichtig ist, dass der Zugriff auf die gespeicherten Daten transparent und restriktiv geregelt ist: Es gibt einen strengen Richtervorbehalt, d.h. nur auf richterlichen Beschluss hin dürfen Ermittlungsbehörden die Daten abrufen und es gibt keine Eilkompetenz der Staatsanwaltschaft oder der Polizei. Im Vergleich zu der vom Bundesverfassungsgericht verworfenen Regelung zur Vorratsdatenspeicherung ist der von Minister Maas vorgelegte Straftatenkatalog deutlich reduziert worden. Der Abruf von Daten wird nur für schwerste Straftaten möglich sein. Darüber hinaus müssen die Betroffenen grundsätzlich über jeden Abruf informiert werden. Nach Ablauf der Speicherfrist von zehn bzw. vier Wochen müssen die gespeicherten Daten gelöscht werden. Verstöße gegen die Löschpflichten oder die Weitergabe von Daten haben strenge Sanktionen für die Diensteanbieter zur Folge.
- Die Leitlinien enthalten zudem eine datenschutzrechtliche Verbesserung zur geltenden Rechtslage: Das Gesetz wird die Befugnis der Ermittlungsbehörden zum Abruf der genannten Daten abschließend regeln. Speichert ein TK-Anbieter die Daten über den verpflichtend vorgegebenen Zeitraum auf Grund einer anderen Rechtsgrundlage, z.B. zu Zwecken der Vertragserfüllung, weiterhin, so ist der Abruf nach diesem Gesetz dennoch nach Ablauf der 10 bzw. 4 Wochen untersagt.
- Um die Sicherheit der gespeicherten Daten zu gewährleisten, werden die Diensteanbieter zudem verpflichtet, die Daten zu schützen. Auch müssen die Server, auf denen die Daten gespeichert werden, innerhalb Deutschlands stehen. Wenn ein Diensteanbieter mit den gespeicherten Daten Datenhandel treibt und diese unbefugt an Dritte weitergibt, ist dies zukünftig eine Straftat nach dem neu zu schaffenden Tatbestand der Datenhehlerei.

Die Leitlinien sind eine gute Grundlage für die weitere Debatte und das anstehende parlamentarische Verfahren. Die SPD-Bundestagsfraktion wird dafür Sorge tragen, dass sich die obigen Grundsätze ohne Ausnahmen und Abstriche auch in den gesetzlichen Detailregelungen wiederfinden. Wir sind uns sicher, dass am Ende ein ausgewogener Kompromiss stehen wird. Deutschland hätte damit zugleich die strikteste Regelung zur Speicherung von Verkehrsdaten in ganz Europa.

Mit freundlichen Grüßen
Rita Schwarzelühr-Sutter

Was möchten Sie wissen von:
Portrait von Rita Schwarzelühr-Sutter
Rita Schwarzelühr-Sutter
SPD