Frage an Rico Gebhardt von Heike B. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Gebhardt,
der Braunkohleausstieg mit dem Kohlepaket, in dem Gelder für den weiteren Ausbau den Flughafens Leipzig/Halle als Frachtdrehkreuz eingestellt sind und auch der Koalitionsvertrag, in dem festgeschrieben ist, dass der weitere Ausbau des Flughafens Leipzig / Halle als Luftfrachtdrehkreuz nun sogar mit Regierungsauftrag der jetzigen Bundesregierung legitimiert ist, manifestieren die Erweiterung der Lärm-und Umweltschadenquelle Flughafen Leipzig/Halle auf dem Rücken der Bürger. Dem Totschlagargument „ Arbeitsplätze“ steht der Artikel 2 des Grundgesetztes Absatz 2 gegenüber: „Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.“ Es ist unglaublich, dass die nachweislich durch Fluglärm verursachten Gesundheitsschäden einfach ignoriert werden.
Dass ein Verkehrsminister Scheuer die mit höchstem Votum des Petitionsausschusses des Bundestages positiv beschiedene Petition „Gegen die Kurze Südabkurvung“ am Flughafen Leipzig/Halle einfach ad absurdum führen kann, macht wütend. Es ist kein Wunder, dass sich Demokratieverdrossenheit breit macht. Das darf Politik nicht zulassen!
Es geht nicht darum, den Flughafen zu verfluchen – es gibt ihn seit über 100 Jahren. Jedoch hat sich der haltlose, lobbygestützte Ausbau des Flughafens als Frachtdrehkreuz zu einem Fluch für die Anrainer entwickelt. Das Vertrauen in die jetzige Politik fährt immer mehr gegen Null!
Meine Fragen an Sie:
1. Wie werden Sie die Bürger der vom Fluglärm betroffenen Regionen der Stadt Leipzig vor der unausweichlichen enormen Steigerung des Fluglärms und der Umweltverschmutzung aufgrund des geplanten Ausbaus des Flughafens Leipzig/ Halle schützen?
2. Werden Sie sich gegen die Umsetzung einer CO2-Steuer positionieren?
3. Unterstützen Sie die Einführung einer Kerosinsteuer?
4. Wie werden Sie sich für die Umsetzung der positiv beschiedenen Petition bzgl. Nutzung der Kurzen Südabkurvung mit einem maximalen Abfluggewicht von 30t einsetzen?
Sehr geehrte Frau B.,
vielen Dank für Ihre Fragen, die ich gern im Namen der Partei DIE LINKE beantworte. Das Problem der Lärm- und Umweltbelastung infolge des Flughafenbetriebs in Leipzig/Halle begleiten wir seit Jahren, und wir wissen um die Diskussionen vor Ort, die mit dem Ausbau zum Frachtdrehkreuz einhergehen.
1. Wie werden Sie die Bürger der vom Fluglärm betroffenen Regionen der Stadt Leipzig vor der unausweichlichen enormen Steigerung des Fluglärms und der Umweltverschmutzung aufgrund des geplanten Ausbaus des Flughafens Leipzig/Halle schützen?
In unserem Wahlprogram zur Landtagswahl ist festgelegt: „Die Entwicklung und der Ausbau des Flughafens Leipzig/Halle zum Logistikdrehkreuz geht für Anwohner*innen mit einer erheblichen Steigerung des Fluglärms einher. Wir werden deshalb ein konsequentes Nachtflugverbot durchsetzen und Anwohner*innen bei weitergehenden Lärmschutzmaßnahmen verstärkt unterstützen. Die Nutzung sächsischer Flughäfen als militärisches Drehkreuz, bspw. für Truppen-, Material- und Verpflegungstransporte für NATO-Streitkräfte in Einsatzgebiete, oder als Abschiebeflughäfen lehnen wir ab.“ Und zur Kommunalwahl 2019 hat unser Leipziger Kreisverband im Wahlprogramm die folgende Zielstellung bekundet: „Mammutprojekte wie den Ausbau des Flughafens zum zentralen Frachtflughafen der Bundesrepublik werden wir nicht unterstützen. Hinsichtlich des derzeitigen Status des Flughafens Leipzig/Halle fordern wir die bedingungslose Umsetzung der im Planfeststellungsverfahren von 2004 zum Ausbau des Flughafens gemachten Zusagen zum Lärmschutz und den Flugrouten.“
2. Werden Sie sich gegen die Umsetzung einer CO2-Steuer positionieren?
Zum Thema CO2 Steuer haben wir bisher keine abschließende Position, weil die von vielen Faktoren abhängig ist und deren konkrete Ausgestaltung noch im Dunkeln liegt. Für uns ist aber klar, dass der Übergang in ein sauberes Energiezeitalter Anstrengungen von jeder und jedem Einzelnen sowie einen grundlegenden Wandel in den Bereichen Verkehr (Straße, Wasser, Luft), Gebäudewirtschaft, Industrie und Landwirtschaft erfordert. Wir brauchen schnellstens öffentliche Instrumente, die klimafreundliches Verhalten belohnen und klimaschädliches Verhalten sanktionieren. Jede und jeder Einzelne steht in der Verantwortung, etwas beizutragen, insofern wollen wir niemanden außen vor lassen – wohl aber im Blick behalten, wer welche Möglichkeiten hat und wem möglicherweise Härten drohen, die es zu vermeiden gilt. Damit denke ich nicht an Menschen mit guten oder enorm großen Einkommen. Sie sind es ja in der Regel, die sich klimaschädlicher verhalten als andere, etwa weil sie viel fliegen, größere Autos mit höherem Verbrauch fahren oder größere Immobilien besitzen. Ich denke eher an die alleinerziehende Mutter auf dem Dorf, die ihr Auto braucht, um zur Arbeit zu kommen und ihre Kinder in die Kita zu bringen, oder an das arme Rentnerehepaar, das sich partout keinen modernen Kühlschrank leisten kann, oder an den Industriearbeiter, der einmal im Jahr mit seiner Familie ans Meer fährt oder fliegt und sich den Urlaub sonst vom knappen Durchschnittslohn abspart. Oder der nicht im Bioladen einkaufen kann, weil er das Geld nicht hat, und stattdessen im Discounter zusieht, dass er seine Kinder satt bekommt. Es sind nicht alle gleichermaßen finanziell leistungsfähig, und das muss man im Blick behalten, wenn man Regelungen mit Augenmaß finden will. Das wäre bei der Ausgestaltung einer Steuer oder anderer Instrumente zu beachten. Ich will mich lieber mit den Konzernen und großen Unternehmen anlegen, die beispielsweise Produkte auf eine kurze Lebensdauer trimmen. Es gilt kapitalistische Mechanismen zu durchbrechen.
3. Unterstützen Sie die Einführung einer Kerosinsteuer?
Die in Deutschland erhobene Luftverkehrsteuer ist auf eine Milliarde Euro pro Jahr gedeckelt und entfaltet keine Lenkungswirkung. Eine grundlegende Reform der Luftverkehrssteuer ist überfällig. Darüber hinaus fordert DIE LINKE. im Bundestag die Einführung einer EU-weiten Kerosinsteuer. Gelingt das nicht, muss eine nationale Besteuerung eingeführt werden.
4. Wie werden Sie sich für die Umsetzung der positiv beschiedenen Petition bzgl. Nutzung der Kurzen Südabkurvung mit einem maximalen Abfluggewicht von 30t einsetzen?
Für uns ist klar, dass das Bundesverkehrsministerium in der Pflicht steht, die einhellig beschlossene Petition umzusetzen. Auch der LINKE Bundestagsabgeordnete Sören Pellmann arbeitet daran und versucht Druck zu machen. Gemeinsam mit den Petenten und den Abgeordneten der anderen Fraktionen traf er sich vor kurzer Zeit, um den weiteren Ablauf zu besprechen. Im Ergebnis wurde festgestellt, dass wir gemeinsam juristisch prüfen lassen, unter welchen Bedingungen die kurze Südabkurvung bis zur endgültigen Entscheidung ausgesetzt werden kann. Im Zuge eines möglichen Planfeststellungsänderungsverfahrens soll die kurze Südabkuvung komplett gestrichen werden. Die Begrenzung auf 30 Tonnen wird in diesem Zuge verbindlich festgeschrieben. Wir werden an diesem Thema dranbleiben, bis es zu einer endgültigen Lösung gekommen ist.
Mit freundlichen Grüßen
Rico Gebhardt