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Frage von C. H. •

Frage an Rico Anton von C. H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Werter Herr Anton,

Das jetzige Finanzierungsmodell gibt der ARD und ZDF absolute Narrenfreiheit, da sie die Haushaltsabgabe vom gesellschaftsimmanenten Leistungsgedanken völlig heraus nimmt. Der Ansporn ein anspruchsvolles Programm zu bieten entfällt, da der Bürger dieses "Dauerabonnement" der öffentlich-rechtlichen Sender nicht kündigen (bzw. wenigstens zu einem günstigeren Tarif wechseln) kann. Die aktuelle Form des RFinStV erlaubt es nicht gegen die Programminhalte (wirksam) zu protestieren, da er die Rundfunksteuer so oder so zahlen muss. Wenn mir z. B. die Inhalte einer Tageszeitung nicht gefallen, dann kann ich das dem Verlag spüren lassen, dass ich diese Zeitung nicht mehr kaufe bzw. das Abonnement abbestelle. Die Folgen dieser Entkopplung vom Leistungsgedanken sind fatal: Falsche und tendenziöse Berichterstattung der Tagesschau zum Thema Ukraine-Konflikt: zwar wurde das in diesem Beispiel selber zugegeben, ABER der Vorfall lag schon einige Monate zurück und in der Zwischenzeit hatten schon längst andere Journalisten im Internet auf Ungereimtheiten bei der Berichterstattung von ARD (und ZDF) zu diesem Thema aufmerksam gemacht.
Eine mediale Grundversorgung der Bevölkerung muss zweifelsfrei gewährleistet sein und damit auch eine entsprechende Finanzierung. Aber gerade in Zeiten des Internets und der damit einhergehenden schrumpfenden Bedeutung des Medium Fernsehens, sollte das aktuelle Finanzierungsmodell reformiert werden. Hinzu kommt, dass öffentliche Gebäude, welche ohnehin über Steuergelder finanziert werden, ebenfalls eine Rundfunkgebühr zu entrichten haben, das heißt der Bürger subventioniert die öffentlich-rechtlichen Sendern in doppelter Weise - als Privatperson und als Steuerzahler.
Deshalb meine Frage: Würden Sie einen entsprechenden Vorschlag im Landesparlament mit Ihrer Stimme unterstützen oder sogar selber einbringen?

Beste Grüße,
C. H.

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Sehr geehrte(r) C. H.,

der Rundfunkbeitrag als öffentlich-rechtliche Abgabe fußt auf der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Er ist die vorrangige Finanzierungsquelle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Das BVG hat die Bedeutung des ÖR immer wieder betont (zuletzt im 'ZDF-Urteil' 2014) und ihm eine weitreichende Bestands- und Entwicklungsgarantie ausgestellt.

Die Reform der Rundfunkgebühren und die Einführung der „Haushalts- und Betriebsstättenabgabe“ ist im 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag durch die Ministerpräsidentenkonferenz im Dezember 2010 beschlossen und vom Sächsischen Landtag am 28.01.2015 per Gesetz ratifiziert worden.

Die Umstellung des Gebührenmodells war der Erkenntnis geschuldet, dass das bisherige gerätebezogene Gebührenmodell nicht mehr zeitgemäß ist. Eine Vielzahl technischer Geräte ist heute in der Lage, Rundfunk zu empfangen. Daher haben sich die Länder für eine geräteunabhängige Haushalts- und Betriebsstättenabgabe entschieden. Jeder Haushalt zahlt einmal, egal wie viele Personen dazu gehören und egal, wie viele Fernseher, Radios oder Computer dort vorhanden sind. Die von vielen als Belastung empfundenen „Hausbesuche“ der GEZ gehören damit der Vergangenheit an, weil nicht mehr überprüft werden muss, ob und von wem ein Gerät tatsächlich bereitgehalten wird. Das Gebührensystem wird unbürokratischer.

Der neue Beitrag knüpft nicht mehr an das Bereithalten eines Empfangsgerätes an. Die Beitragspflicht besteht nun unabhängig von der tatsächlichen Rundfunknutzung, da der öffentlich-rechtliche Rundfunk der gesamten Gesellschaft nutzt. Zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hat beizutragen, wer die allgemein zugänglichen Angebote des Rundfunks empfangen kann, nicht notwendig empfängt.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk fördert in besonderem Maße die Grundlagen der Informationsgesellschaft und leistet einen wichtigen Beitrag zur Integration und Teilhabe an demokratischen, kulturellen und wirtschaftlichen Prozessen. Davon profitiert sowohl der private als auch der nichtprivate Bereich. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat eine besondere Verantwortung als Medium und Faktor der öffentlichen Meinungsbildung. Unabdingbare Voraussetzung für die Erfüllung dieser wichtigen Aufgaben ist die Unabhängigkeit des ÖR – gerade auch im Hinblick auf dessen Finanzierung.

Doch wie soll diese Unabhängigkeit sichergestellt werden, wenn nicht durch die Finanzierung über eine öffentlich-rechtliche Abgabe, gleich welcher konkreten Ausprägung? Eine stärkere Finanzierung über Werbeeinnahmen würde zwar in der Tat dem Leistungsgedanken im marktwirtschaftlichen Sinne entsprechen, aber eben die Unabhängigkeit des ÖR in eine Marktabhängigkeit wandeln.

Dass Behörden der Betriebsstättenabgabe unterfallen, mag man kritisieren, wegen der von Ihnen angesprochenen faktisch mittelbaren Finanzierung über Steuermittel. Es stellt sich dann allerdings die Frage nach der Alternative. Eine Ausnahme der Behörden hätte zur Folge, dass die dadurch entstehende Finanzierungslücke durch die verbleibenden Zahler des Rundfunkbeitrages zu kompensieren wäre.

Auch über die Programmqualität des ÖR kann man kritische Worte verlieren und hier gehen die Meinungen naturgemäß weit auseinander. Im internationalen Vergleich sind die meisten ÖR-Programme aber durchaus hochwertig. Über die Qualität wachen die Sendergremien (Rundfunk- und Fernsehräte), in denen auch Politiker vertreten sind (lt. BVG dürfen es nicht mehr als ein Drittel sog. staatsnahe Vertreter sein). Darüber hinaus ist der Einfluss der Politik auf die Programme aufgrund der verfassungsmäßig garantierten Staatsferne des Rundfunks sehr begrenzt.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist seit jeher mehr als nur Fernsehen. Im Gegenteil, er hat das Recht und die Pflicht, alle medialen Verbreitungswege zu nutzen. Seine Nutzer erwarten das für ihre Rundfunkgebühren auch von ihm. Insofern ist es ein Trugschluss, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk im Zeitalter des Internets weniger Geld bräuchte oder nicht mehr so wichtig wäre. Wissenschaftliche Studien belegen, dass durch das Internet die publizistische Vielfalt, was Qualitätsangebote betrifft, mitnichten steigt (z. B. Neuberger/Lobigs, Die Bedeutung des Internets im Rahmen der Vielfaltssicherung, Berlin 2010).

Sehr geehrte(r) C. H., zu dem derzeitigen Finanzierungsmodell sehe ich nach alledem keine sinnvolle Alternative, zumindest wenn es Konsens ist, dass wir auch künftig einen unabhängigen öffentlich-rechtlichen Rundfunk wollen.

Mit freundlichen Grüßen

Rico Anton