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René Wiedmann
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Frage von Gerd M. •

Frage an René Wiedmann von Gerd M. bezüglich Gesundheit

Hallo Herr Wiedmann.

Im Wahlprogramm der Linken wird eine Enteignung von Krankenhäusern aus der Privatwirtschaft gefordert.
Nach Ansicht der Linken dürfen Krankenhäuser nur staatlich organisiert sein.

Bereits vor der Öffnung des Gesundheitssystems in Investitionshände gab es diese Art von Kliniken. Leider zeigte die Erfahrung, dass die KH-Verwaltung das eigene KH nicht eigenständig führen kann, da Kommunal- und/oder Landespolitiker in jede Entscheidung involviert werden wollten und so die Entwicklung behinderten. Insbesondere durch ideologische statt sachliche Argumente. Viele Fachkliniken gäbe es heute nicht, wenn man der Privatwirtschaft nicht den Zugang erteilt hätte, da die staatlichen KHs keinen Fortschritt vollbringen konnten (durch politische Behinderung). Auch Pflegekräfte wurden genauso schlecht bezahlt wie heute auch. Wenn Sie das mal angenommen ausschließlich in Bayern -dafür werden Sie gewählt- ändern wollen würden, zieht es sämtliche Pflegekräfte nach Bayern. Schön für Bayern aber schlecht für das übrige Deutschland.

Meine Fragen lauten also:

1) Glauben Sie, dass verstaatlichte KHs tatsächlich sachlich begründet schlauer sind als private. Wenn ja, woran machen Sie das fest?

2) Sind Sie nicht der Meinung das der bayerische Freistaat mit seinem bisschen freiverfügbaren Haushalt sinnvollere Investitionen tätigen kann, als marode Krankenhäuser, die ihre Patienten nicht mehr aus eigenen Gewinnen (die laut Ihrer Partei ja sowieso überflüssig sind) künstlich mit Steuergeldern am Leben zu halten?

3) Wie wollen Sie in und von Bayern aus das Pflegeproblem lösen ohne in Konflikt mit der Rechtssprechung, dem Wettbewerbsamt und diplomatischen Beziehungen zum Bund, anderen Ländern und auch Kommunen (die immerhin wichtige Gewerbesteuereinnahmen aus privaten Krankenhäusern generieren) zu kommen?

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr M.,

das zunehmende Profitstreben im Gesundheitswesen, welches sowohl staatliche als auch private Träger betrifft führt dazu, dass Gesundheit und Gesundheitsleistungen zur Ware degradiert werden, anstatt Menschenrecht zu sein.
Zu nennen ist hier die Fallkostenpauschale: Krankenhausbetriebe, sind in Folge dieser Reform leistungsorientiert. Das bedeutet, dass vom Träger gefördert wird, dass möglichst viele medizinische Prozeduren abgerechnet werden. Durch diesen Druck auf die Ärzte, werden mehr medizinische Prozeduren durchgeführt, als notwendig. Dass unnötige Behandlungen Patienten in Form von Komplikationen (z.B. im Fall Bandscheibenoperationen, wo durch Physiotherapie oft besser geholfen werden kann) sogar gefärden können und im besten Fall schlicht unnötig sind, ist klar. Es leidet darunter lediglich die Qualität der Patientenversorgung, da nicht eine adäquate Behandlung im Vordergrund steht, sondern das Erwirtschaften von möglichst viel Gewinn. Dass private Träger hier jedoch noch viel mehr dieser Devise folgen, beweist nicht alleine der Fall der Asklepios-Klinik in Hamburg.

Dass die Privatisierungungen von Krankenhäusern zu Lasten der Patienten geht, beweist z. B. eine Studie aus den USA an Patienten mit Lungenentzündung vor und nach der Einführung von Marktmechanismen: Die Sterblichkeit in den ersten 30 Tagen nach Entlassung nahm um 35 % zu, Wiederaufnahmen nach Entlassung erhöhten sich um rund ein Viertel und Verlegungen in ein Pflegeheim nahmen um über 40 % zu. Weitere Studien mit anderen Krankheitsbildern zeigten ähnliche Ergebnisse. Seit den frühen 2000er Jahren hat Deutschland die USA in Sachen Anteil Krankenhäuser in privater Trägerschaft übrigens überholt.

Auch die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten sind in privaten Krankenhäusern meist wesentlich schlechter und aus Wettbewerbsgründen werden die Häuser in öffentlicher Hand dann quasi zum Nachziehen gezwungen - eine Spirale nach unten! Die Mehrbelastung von Beschäftigten in privaten Häusern liegt nach Untersuchungen bei 20 - 30 %. Im öffentlichen Trägerschaften sind 85 % der Beschäftigten tarifgebunden, in den Privathäusern sind dies nicht einmal 15 %.

Gesundheit darf nicht auf dem Altar marktwirtschaftlicher Effizienz und Profitdenkens geopfert werden. Krankenhäuser gehören zur Daeinsvorsorge. Das sollte wieder staatliche Aufgabe sein.

Ich empfehle Ihnen darüber hinaus einmal die Lektüre des folgenden Spiegel-Artikels zur Problematik der Krankenhausprivatisierung aus einem etwas anderen Blickwinkel:
http://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/privatisierung-von-kliniken-auf-kosten-der-patienten-a-909728.html

Sollten gesetzliche oder sonstige Regelungen einer Umkehr der Privatisierung im Wege stehen, kann man diese Regelungen ja ändern. Bayern ist ein nicht ganz unbedeutendes Bundesland, welches entsprechende Veränderungen anschieben kann - vorausgesetzt, wir bekommen einen entsprechenden Politikwechsel hin. Die Partei Die Linke im Allgemeinen und ich im Besonderen stehen für einen solchen Politikwechsel.

Mit freundlichen Grüßen
René Wiedmann