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Frage von Lena M. •

Frage an René Pönitz von Lena M. bezüglich Umwelt

Guten Tag,

hätte ein grüner, linker, blauer, christdemokratischer oder piratischer Bürgermeister gegen das Festival Lollapalooza gestimmt oder anders entschieden? Und wenn ja würde er die Kosten bei einer Klage der Festivalbetreibers übernehmen?

Da die Frage nur an Grüne, CDU, SPD und AfD ging, würde mich auch die Piraten-Position interessieren.

L. M.

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Antwort von
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Hallo Frau M.,

Vielen Dank für die beiden Fragen.

In Kürze: 1. Ja. Und 2. Jein.

Zu 1:

Bei dieser Veranstaltung ist nicht der Bezirksbürgermeister zuständig, sondern es fällt in des Ressort Grünflächen, also Umweltstadtrat oder Umweltstadträtin.

Zunächst hätte ein piratiger Umweltstadtrat den Veranstalter gesagt: Stell dein Vorhaben nicht nur dem Amt vor, sondern den Menschen vor Ort. Gehe auf sie zu. Die erste Bürgerversammlung hätte es schon kurz nach Bekanntwerden im Februar geben können. Erkläre dein Vorhaben - und frage die Leute, was sie denken. Der piratische Umweltstadtrat hätte dem Veranstalter mit auf dem Weg gegeben, dass eine Veranstaltung in einer Kriegsgräberstätte nicht zulässig ist (Dann wären keine Lagepläne in Umlauf gekommen, die das Ehrenmal mit einschließen).

Zu dieser Veranstaltung hätte der piratische Umweltstadtrat
* den über der Veranstaltung schwebenden Vertrag offen gelegt (sofern das von den Piraten geforderte Transparenzgesetz noch nicht in Kraft getreten ist)
* Prognosen für Schadensersatz bei Nichterfüllung dieses Vertrages offen gelegt
* typische von Menschen verursachte Schäden an Parkanlagen und deren Beseitigungskosten vorgestellt
* die §§ des Grünanlagengesetzes nicht nur abstrakt erklärt, sondern auch deren Gestaltungsspielräume
* ein Meinungsbild zum weiteren Vorgehen eingeholt.

Dann hätte es zwei Wochen später eine Art World Café gegeben, zu dem die Anwohner ihre Befürchtungen und Ängste, ihre Wünsche und vor allem auch Bedingungen stellen können, mit denen sie im Zweifel noch leben können. Das ganze auch begleitet mit einer Online-Beteiligung. Dies hätte der piratige Umweltstadtrat als Input im Genehmigungsverfahren verstanden.

Da vielfach das Argument der Parksanierung (13 Mio Euro, eigentlich 17 Mio) fiel, hätte der piratige Umweltstadtrat einen Vor-Ort-Termin mit den Bürgerinnen und Bürgern und dem Veranstsalter anberaumt, um zu zeigen, welche Flächen in Anspruch genommen werden könnten und was eben saniert wurde. Gewissermaßen haben wir das auch schon getan, denn wir haben und durchsetzen können, dass die Sondergärten ausgenommen werden.

Da ebenso von vielen Menschen die Prüfung der Alternativstandorte gefordert wurde (und das Grünanlagengesetz auch vorgeschrieben ist), hätten der piratsche Umweltstadtrat sich nicht nur auf die Prüfung und Aussagen des Veranstalters verlassen, sondern eigenhändig recherchiert und Orte angefragt. Selbstverständlich wären diese Ergebnisse veröffentlicht worden.

Möglicherweise wäre an der Stelle das Thema erledigt gewesen. Falls nicht, so würden diese bisherigen Maßnahmen bewirken, dass die Menschen nicht nur als da wohnende Objekte betrachtet werden, sondern Teil dieses gesamten Genehmigungsverfahrens sind.

Es hätte mindestens monatlich weitere Termine gegeben, in denen der jeweilige Bearbeitungsstand und die anfallenden Fragen vorgestellt worden wären. Alle Dokumente, Pläne und Skizzen wären unmittelbar öffentlich einsehbar (Kleine Einschränkung: Teile des Sicherheitskonzeptes, deren vorzeitige Veröffentlichung kontraproduktiv ist, würde erst mit Veranstaltungsende in Umlauf kommen).

Wir hätten sichergestellt, dass mindestens drei Monate vorher alle Anwohner im näheren Umfeld mittels Post angeschrieben worden wären - mit der Bitte, ihre individuellen Beeinträchtigungen durch so ein mögliches Fest darzulegen. Auch wenn das Schallgutachten noch nicht vorliegt, hätten wir lieber zuviele als zu wenige Anwohner angeschrieben. Oftmals ist es nicht nur so, dass Wohnungen unbenutzbar sind, sondern es greift auch in den Ablauf vieler Menschen ein. Es gibt Schwangere, es gibt Pflegebedürftige, es gibt Menschen mit Nachtschicht, es gibt.... Sie alle erleiden gewissermaßen - wenn es tatsächlich zu einem Festival in Nähe von Wohnungen kommen sollte - einen Schaden, für den dann natürlich auch der Veranstalter aufzukommen hat.

Was am Ende dieses Verfahrens herausgekommen wäre, ist nun Spekulation. Möglicherweise wäre ein anderes Festival herausgekommen. Möglich wäre, dass der Veranstalter die Auflagen nicht erfüllen kann oder will. Möglich wäre auch ein anderer Standort. Möglich wäre auch das selbe Ergebnis, aber dann mit anderen Auflagen.

Was aber auf jeden Fall passiert wäre: es hätten sich nicht so viele Menschen vor den Kopf gestoßen gefühlt.

Denn das, was nun passiert ist, ist die reinste Eskalation. Menschen stehen plötzlich vor Zäunen und werden kalt überrascht, dass große Teile des Parks für drei Wochen gesperrt sind - und sie können das nicht einmal überprüfen, weil der Bescheid geheim ist. Zwei Wochen vorher herrscht Verunsicherung, wer überhaupt ins Hotel darf. Gewerbetreibende (wie z.B. Zenner) wundern sich plötzlich über Besuchermangel. Der Bus wird gekappt (auch wenn nun ein Pendelbus noch organisiert werden soll). Spielplätze sind nicht erreichbar und ein kleiner Ersatz wird viel zu spät geliefert.

zu 2: Nein.

Ein Umweltstadtrat arbeitet mit den Geldern des Bezirks. Er oder sie würde natürlich auch das Rechtsamt konsultieren und aussichtslose Klagen vermeiden. In jedem Falle ist es vorteilhafter, gemeinsam mit den Bürgern ein Verfahren anzustoßen, als diese Entscheidung den Gerichten zu überlassen.

Mit freundlichen Grüßen,
René Pönitz