Frage an Renate Schmidt von Peter S. bezüglich Familie
Sehr geehrte Frau Schmidt,
immer wieder behaupten Sie, dass das Ehegattensplitting die traditionelle Einverdienerfamilie fördere, bei der der Vater berufstätig sei und sich die Mutter um die Kinder kümmere. Meiner Meinung nach ist das falsch. Denn das Ehegattensplitting knüpft in keiner Weise an den Unterhalt oder die Betreuung von Kindern an. Es steht uneingeschränkt auch kinderlosen verheirateten Doppelverdienern zu. Abgesehen davon sind mit dem Ehegattensplitting keine besonderen finanziellen Vorteile verbunden, sondern es stellt lediglich sicher, dass Ehepaare bei gleich hohem gemeinsamen Einkommen im Vergleich zu anderen Ehepaaren gleich hohe Steuern zu bezahlen haben. Mit den angeblichen Vorteilen des Ehegattensplittings rechtfertigen sie aber immer die unfaire Finanzierung, die für das staatliche Krippenprogramm zur Anwendung kommen soll. Wer für sein Kind einen staatlichen Krippenplatz in Anspruch nimmt, soll ja schließlich dafür vom Staat monatlich ungefähr 700,- geschenkt bekommen. Mütter und Väter dagegen, die ihr Kind selbst betreuen, oder dies mit Hilfe von Verwandten, Freunden und Nachbarn privat organisieren, sollen aber nicht nur leer ausgehen, sondern über steigende Abgaben auch noch zur Finanzierung dieses Unrechts herangezogen werden. Finden Sie das nicht diskriminierend? Wäre es nicht viel einfacher und gerechter, allen Eltern, die die Betreuung ihrer Kleinkinder zu deren Wohl selbst übernehmen, monatlich 700,- Euro zusätzlich zum Kindergeld auszuzahlen?
Mit freundlichen Grüßen
Peter Szettele
Sehr geehrter Herr Szettele,
das Ehegattensplitting kommt zu mehr als achtzig Prozent Ehepaaren mit Kindern zu Gute. Ein gleich verdienendes, nicht verheiratetes Paar zahlt deutlich mehr Steuern. Andere europäische Länder kennen auch bei verheirateten Paaren nur die Individualbesteuerung, einer Steuerform wie bei uns wird dort als ungerecht empfunden.
Nicht nur ich, sondern auch alle Wirtschaftsinstitute und die Finanzwissenschaft rechnen das Ehegattensplitting, das sich bei der Alleinverdienerehe besonders hoch auswirkt zu den Familienleistungen (19 Mrd. Euro jährlich), ebenso wie die kostenfreie Mitversicherung nicht erwerbstätiger Ehepaare (ca. 8-9 Mrd. Euro) und die Hinterbliebenenversorgung, für die kein Cent Beitrag geleistet wurde und, die immerhin bis zu 60 Prozent der Rente des verstorbenen Partners betragen kann (derzeit rund 35 Mrd. Euro) und die heute überwiegend Müttern, die wegen ihrer Kinder nicht oder nur eingeschränkt erwerbstätig sein konnten zu Gute kommt.
Ich möchte es bei diesen drei Beispielen bewenden lassen. Dass man sich dabei eine andere Verteilung wünscht (das Ehegattensplitting z.B. bedeutet für Spitzenverdiener eine weit höhere Entlastung als für Normalverdiener) kann ich nachvollziehen.
Diesen genannten und weiteren Beträgen stehen 10 Mrd. Euro für Kinderbetreuung (vor allem Kindergärten, die auch Kinder von nichterwerbstätigen Müttern zu Recht besuchen, weil dies den Kindern nützt) gegenüber, die jetzt um 3 Mrd. Euro erhöht werden sollen, um die bisher nicht vorhandene Wahlfreiheit für diejenigen, die vor dem dritten Geburtstag ihrer Kinder erwerbstätig sein wollen zu erhöhen. Diese Wahlfreiheit ist nämlich nur für 8,5 Prozent der Familien in Westdeutschland gegeben.
Mit freundlichen Grüßen
Renate Schmidt