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Frage von Stefanie D. •

Frage an Renate Schmidt von Stefanie D. bezüglich Gesundheit

Eines der Kernprobleme der zukünftigen Gesellschaften in Deutschland ist die deutlich zu geringe durchschnittliche Geburtenrate. Mit zur Zeit 1,4 Kindern im Mittelwert pro Frau schrumpft die Bevölkerungszahl kontinuierlich. Die Auswirkungen auf Wirtschaftsleistung, Sozialsystem usw. brauche ich hier nicht weiter auszuführen und sind auch der Bundesregierung bekannt.

Wie kann es denn nun sein, dass Paare, die sich für ein Kind (oder Kinder) entschieden haben, jedoch aus gesundheitlichen Gründen diesen Wunsch nicht realisieren können, gerade mal eine 50 %-ige finanzielle Unterstützung der Krankenkassen bei der Nutzung externer Hilfe erhalten? (Vorausgesetzt sie sind BEIDE in EINER Krankenkasse!!!) Hierzu zähle ich zum Beispiel die In-Vitro-Fertilisation (IVF) oder die Mikro Injektion (ICSI), die für viele Kinderwünschende eine zu hohe Kostenbelastung darstellen. Wenn man von einer IVF mit Embryotransfer ausgeht (günstigere Variante als ICSI !!), beläuft sich die Eigenbelastung auf trotzdem auf ca. 1.500,- EUR PRO VERSUCH. Da die Erfolgsquote pro Versuch bei ca. 30 % liegt, somit also nur jeder dritte bis vierte Versuch erfolgreich ist, darf man mit mindestens 4.500, - EUR Eigentanteil rechnen. Ferner ist zu erwähnen, dass die Krankenkassen nur 3 Versuche bezuschussen. Also wenn´s nach dem 3. Versuch nicht klappt, was absolut normal ist, darf man alles alleine bezahlen.

Hier sind also Menschen, die den von allen erhofften Kindersegen in Deutschland unterstützen möchten, jedoch aus finanziellen Gründen keine Möglichkeit haben, die Hoffnung auf ein Kind in Deutschland tatsächlich zu realisieren.

Wie stehen Sie zu dieser aus meiner Sicht krassen Fehlentwicklung? Finden Sie das fair den Betroffenen gegenüber? Wir sind eines von den Ehepaaren. Wir wünschen uns sehnlichst Kinder, müssen aber höchstwahrscheinlich nach dem ersten fehlgeschlagenen Versuch wegen der fehlenden finanziellen Unterstützung aufgeben, was erheblich auf die Psyche geht.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Dogondke,

auch ich sehe die derzeitige demographische Entwicklung als eine Herausforderung für die Stabilität unserer Gesellschaft sowie unserer sozialen Sicherungssysteme an. Zentraler Ausweg aus der derzeitig bestehenden Kinderarmut kann nur eine verantwortungsvolle Familienpolitik sein. Diese muss neuen Herausforderungen, wie der Parallelität von Beruf und Familie und der steigenden Zahl von Alleinerziehenden, begegnen. Ich sehe hier in erster Linie eine aus Steuermitteln zu finanzierende gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

Bezugnehmend auf Ihre Einwendungen stellt sich die Frage, ob die Leistungen der künstlichen Befruchtung, so wie Sie es fordern, aus Finanzmitteln der Solidargemeinschaft der gesetzlichen Krankenversicherung bezahlt werden müssen oder nicht. So sind zumindest theoretisch drei unterschiedliche Finanzierungswege möglich. Es ist denkbar, Kinderlosigkeit als Erkrankung zu definieren und daraus folgend eine 100%ige Finanzierung aus Mitteln der gesetzlichen Krankenversicherung zu fordern. Ich entnehme Ihrem Schreiben, dass Sie diese Finanzierungsweise für richtig halten. Hingegen wäre in Zukunft auch denkbar, dass die Leistung der künstlichen Befruchtung eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist und zu 100% aus Steuermitteln finanziert gehört. Ebenso kann der Diskussionsprozess um die Thematik der Sterilitätsbehandlungen zu dem Ergebnis gelangen, dass es zu Lasten von Dritten keinen Anspruch auf leibliche Kinder gibt. Folgt man diesem Gedanken, dann wären die Leistungen der künstlichen Befruchtung privat zu finanzieren.

Diese drei grundsätzlichen Abwägungen sind in die Meinungsbildung zur aktuellen rechtlichen Situation eingeflossen. Ich verstehe die jetzt gefundene Lösung zur Finanzierung der Leistungen der künstlichen Befruchtung als eine Lösung, welche eine Mischform der drei von mir skizzierten Finanzierungswege darstellt.

Es wurde beschlossen, dass der Anspruch auf Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung nicht gestrichen, aber eingeschränkt und mit einer Eigenbeteiligung von 50% belegt werden soll. Die gesetzliche Krankenversicherung wird demnach zukünftig drei statt wie bisher vier Behandlungsversuche der Reproduktionsmedizin mitfinanzieren. Zusätzlich werden Altersgrenzen für die Beteiligung der gesetzlichen Krankenversicherungen an den reproduktiven Leistungen eingeführt. Die Verhandlungspartner haben sich dabei auf die Lebensphase zwischen 25 und 40 Lebensjahren für Frauen beziehungsweise bis zum 50. Lebensjahr bei Männern festgelegt.
All dies ist ausschließlich aus Kostengründen geschehen – eine andere Begründung gibt es nicht. Ich kann nachvollziehen, dass Sie das nur schwer akzeptieren können, hoffe aber, dass ich es einigermaßen verständlich machen konnte.

Ich wünsche Ihnen dennoch alles Glück für eine gute Zukunft.

Ihre Renate Schmidt