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Frage von Gabi T. •

Frage an Renate Schmidt von Gabi T. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Schmidt,

die Frage von Herrn Heinze und Ihre Antwort darauf, veranlassen mich als Kassenpatientin an Sie zu schreiben.
Aus meiner Sicht als chronisch Kranke, kann ich leider keine Verbesserungen in der geplanten Gesundheitsreform erkennen.
Ganz im Gegenteil, Kassenpatienten werden gezwungen an DMP bzw. integriete Versorgungsprogramme teilzunehmen, wenn sie die Überforderungsklausel von 1% beanspruchen wollen. Über die Qualität dieser Programme läßt sich sicherlich streiten und ich möchte mich zu dieser 0815 Behandlung nicht weiter äußern.
Die chronisch Kranken in unserem Land, egal welche Erkrankung sie auch haben, sehen dieser Reform mit großer Sorge entgegen. Denn schon seit der letzten Reform im Jahre 2004 sind viele chronisch Kranke Fehl- und Unterversorgt.
Der großzügige Zuschuss von 1,5 Milliarden € aus Haushaltsmitteln hört sich gut an - allerdings haben Sie seit diesem Jahr den Krankenkassen einige Milliarden entzogen - nämlich die erhöhte Tabaksteuer.
Sehr geehrte Frau Schmidt, neueste Umfragen haben ergeben, das diese Gesundheitsreform von ca. 85% der Bürger nicht gewollt ist.
Wollen Sie wirklich gegen den Willen Ihrer Wähler dieser Reform zustimmen?

Mit freundlichen Grüßen
G. Thiess
- Kassenpatientin -

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Thiess,

Ihre Skepsis teile ich nicht. Menschen, die heute aufgrund ihrer schwerwiegenden chronischen Erkrankung nur ein Prozent zuzahlen müssen, fallen auch künftig unter die reduzierte Belastungsgrenze. Hier verschlechtert sich entgegen Ihrer Behauptung nichts, solange sich die Patienten therapiegerecht verhalten.
Es gilt nach wie vor chronisch Kranke die maximale Belastungsgrenze für Zuzahlungen von ein Prozent der jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt. Alle anderen zahlen zwei Prozent. Neu ist die Verknüpfung einer abgesenkten Belastungsgrenze mit der vorherigen regelmäßigen Inanspruchnahme von Vorsorgeuntersuchungen. Durch die Gesundheitsreform wird gesundheitsbewusstes Verhalten gestärkt und es werden Anreize für mehr Vorsorge geschaffen. Diejenigen, die in Zukunft die angebotenen Vorsorge- bzw. Früherkennungsuntersuchungen nutzen, sollen belohnt werden. Damit Krankheiten rechtzeitig erkannt und behandelt werden können, bieten die gesetzlichen Krankenkassen eine Reihe von Früherkennungsmaßnahmen an. Zu wenige Versicherte nehmen diese Möglichkeiten bisher in Anspruch. Das soll sich verbessern. In Zukunft müssen die Versicherten die Teilnahme an bestehenden Früherkennungsmaßnahmen nachweisen, damit für sie bei einer schwerwiegenden chronischen Erkrankung, wie Diabetes oder bestimmten Krebserkrankungen, die geringere Zuzahlungsgrenze von ein Prozent gilt.

Die von Ihnen kritisierten Disese Management Programme (Abkürzung: DMP) oder strukturierte Behandlungsprogramme sehe ich bei weitem nicht so skeptisch wie Sie. Sie stellen eine besondere medizinische Versorgungsform dar. Der Zweck strukturierter Behandlungsprogramme ist es, den Behandlungsablauf und die Qualität der medizinischen Versorgung chronisch Kranker zu verbessern. Die Patienten lernen, mit ihrer Krankheit umzugehen, sie werden in die Behandlung eingebunden und sie profitieren vom strukturierten Zusammenspiel der Ärzte in Facharztpraxen und Kliniken. Die Patienten erhalten damit eine Versorgung, die das Risiko von Folgeschäden und akuten Verschlechterungen der Krankheit soweit wie möglich verhindert und die Lebensqualität der Patienten verbessert. So sind für Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 zum Beispiel strukturierte Behandlungs- und Schulungsprogramme und regelmäßige Kontrolluntersuchungen beim Augenarzt in den Programmen vorgesehen.

Ich gebe Ihnen Recht, dass durch die Tabaksteuererhöhung weniger Einnahmen erzielt wurden. Aber das ist gerade im Hinblick auf das Gesundheitssystem eine wichtige Investition in die Zukunft. Untersuchungen der Weltbank weisen im internationalen Vergleich nach, dass 10% Steuererhöhung zu 7% mehr Steueraufkommen und 4% Entwöhnung geführt hat. Die Einnahmerückgänge zeigen, dass die Tabaksteuererhöhung teilweise dazu beigetragen hat, dass mehr Menschen mit dem Rauchen aufgehört haben. Diese Investition lohnt sich!

Mit freundlichen Grüßen
Ihre
Renate Schmidt

Anbei noch meine Erklärung, die ich zur Abstimmung zur Gesundheitsreform im Bundestag abgeben werde: Erklärung zur Abstimmung nach § 31 GO des Deutschen Bundestags zur Abstimmung in 2./3. Lesung zum

Nachdem denen, die dem Entwurf des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung in 2./3. Lesung zustimmen, öffentlich unterstellt wird, sie würden ihrem Gewissen nicht folgen und von ihren Fraktionen als „Stimmvieh“ missbraucht, erklären wir hiermit:

1. Wir stimmen dem oben genannten Gesetz im Sinne des Artikels 38 GG zu, nach sorgfältiger Prüfung und ausführlichen Gesprächen mit Betroffenen vor Ort.

2. Wir sind im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens nicht belogen, getäuscht oder ausgetrickst worden, haben im Gegenteil auf offene oder strittige Fragen umfassende Antworten erhalten. Konstruktive und finanzierbare Vorschläge haben häufig zu Änderungen des ursprünglichen Gesetzentwurfs geführt.

3. Nicht wenige derer, die seitens der Unionsfraktion nicht zustimmen tun dies, weil sie weiterhin das Modell einer Kopfpauschale und einer überwiegend privaten Vorsorge durchsetzen wollen. Andere führen für ihr ablehnendes Stimmverhalten Sorgen von im Gesundheitswesen Tätigen und Institutionen an, ohne sich selbst die Mühe gemacht zu haben, finanzierbare Änderungsvorschläge vorzulegen. Wir dagegen halten den gefundenen Kompromiss für tragfähig, die Strukturreformen für zukunftsweisend, für begrüßenswert, dass Leistungen nicht eingeschränkt werden, für notwendig, dass die Grundlagen für den Morbiditätsausgleich rechtzeitig vorliegen und die Finanzierungsstruktur für verbesserungsfähig, denn auch dieses Gesetz ist keine „Jahrhundertreform“, wird verändert werden und verändert werden müssen.

Renate Schmidt, MdB