Frage an Renate Schmidt von Matthias H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Schmidt,
vor allem aus Ihrer Zeit als bayerische SPD-Landesvorsitzende sind Sie mir in sehr positiver Erinnerung.
Über Ihre Antwort vom 16.6. zum Thema Drucksache 16/12850 bin daher überrascht. Das möchte ich gerne erklären. Sie schrieben:
"Bereits nach heutiger Rechtslage werden Kinderpornographie-Seiten, die sich auf deutschen Servern befinden, von den Internprovidern heruntergenommen. Dieser direkte Zugriff ist im Ausland nicht möglich. Deshalb ist es notwendig, den Zugang zu entsprechenden kinderpornographischen Internetangeboten von Deutschland aus zu sperren."
Diese Formulierung kommt mir bekannt vor. Eine Suche zeigt, dass sie innerhalb der SPD häufig wortgleich verwendet wird. Sie haben hier also einen Textbaustein verwendet ohne ihn als Zitat zu kennzeichnen. Das würde ich normalerweise nur mit Stirnrunzeln quittieren.
Leider ist in diesem Fall ein fundamentaler Fehler enthalten. Der Schluss vom zweiten auf den dritten Satz ist unzulässig, denn illegale Seiten lassen sich auch problemlos ohne "direkten Zugriff" löschen (Beispiel: "Phishing", Quelle s.u.). Bei Ihrer Qualifikation als Programmiererin und Systementwicklerin hätte ich erwartet, dass Ihnen eine "take-down-notice" bekannt ist.
Daher entsteht für mich der Eindruck, dass Sie einem Gesetzentwurf zustimmen wollen (bei dem Experten und Bundesrat "erhebliche rechtsstaatliche Bedenken" haben), ohne sich selbst kritisch mit der Begründung auseinandergesetzt zu haben. Ich würde mich freuen, falls dieser Eindruck täuscht.
Daher lautet meine Frage: Wie fand (am Beispiel der genannten Drucksache) Ihre Meinungsbildung statt?
Vielen Dank für Ihre Bemühungen!
Mit freundlichen Grüßen,
Matthias Henkelmann
Zur Quelle:
Tyler Moore and Richard Clayton. ‘The Impact of Incentives on Notice and Take-down’. In
M. Eric Johnson, editor: Managing Information Risk and the Economics of Security,
pp. 199–223. Springer, New York, 2008.
Sehr geehrter Herr Henkelmann,
unabhängig vom Thema bemängeln Sie ein nicht gekennzeichnetes Zitat. Sie verstehen dabei die Arbeitsweise einer Bundestagsfraktion grundlegend falsch.
Ich habe einen Textbaustein der SPD-Bundestagsfraktion benutzt, man muss das Rad ja nicht jedes Mal neu erfinden. Ich bin Teil der SPD-Bundestagsfraktion, wirke am Entstehungsprozess solcher Antwortentwürfe mit, gebe mein Meinung damit wieder und muss dementsprechend kein „Fremdzitat“ kennzeichnen.
Inhaltlich gilt, dass wir den Grundsatz „Löschen vor Sperren“ durchsetzen wollen. Immer dort, wo es möglich ist, soll das Bundeskriminalamt auf eine Löschung solcher Seiten hinwirken. Ist dies in angemessener Zeit nicht zu erreichen, wird die Seite vom BKA auf eine Liste gesetzt. Die deutschen Provider werden verpflichtet, den Zugang zu den gelisteten Seiten zu sperren und den Nutzer auf eine Stoppmeldung umzulenken.
Mit freundlichem Gruß
Renate Schmidt MdB