Frage an Renate Schmidt von Sebastian J. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Frau Schmidt,
In ihrer Antwort an Herrn Schuhmann sagten sie "Zitat:
Das Internet übersteigt in vielen Lebensbereichen längst die traditionellen Medien an Bedeutung und Reichweite. Dies ist leider auch für die Kinderpornographie zutreffend, wo das Internet heute das wichtigste Verbreitungsmedium darstellt." Zitat Ende
Auf welche Quelle berufen sie sich mit dieser Aussage? Entsprechende Experten des BKA und der LKA´s haben nämlich meines Wissen bestätigt, das der grossteil der KiPo NICHT über das Internet, sondern über den Postweg sowie andere geschlossene Benutzerkreise verteilt wird. (Quelle: http://www.sueddeutsche.de/panorama/813/465404/text/19/ )
Zitat: " Ein Ermittler des LKA Niedersachsen äußert gegenüber der c’t die Einschätzung, dass das Internet den kommerziellen Anbietern von Kinderpornographie zwar als Kommunikationsweg, jedoch nicht vornehmlich als Transportmedium diene. Das Argument, der "kommerzielle Massenmarkt im Internet [würde] empfindlich gestört” (s.o.), erweise sich demnach als haltlos. Vielmehr nutzten die kommerziellen Anbieter den Postweg, um DVDs mit kinderpornographischem Material zu verschicken. Das Internet spiele lediglich eine Rolle bei der kostenlosen Verteilung des Materials unter den Nutzern.
Die Pädophilen-Szene exponiere sich nach Aussage der Jugendschützerin und Medienwissenschaftlerin Dr. Korinna Kuhnen nicht im Internet, sondern sei vielmehr um Abschottung bemüht. "
Zitat Ende (Quellen: http://www.heise.de/ct/Die-Argumente-fuer-Kinderporno-Sperren-laufen-ins-Leere--/artikel/135867 und http://criminologia.de/2009/04/provider-unterzeichnen-vertrag-zur-internetsperre-eine-kritische-zusammenfassung/ )
Sollten sie andere Quellen haben die das Gegenteil beweisen, so wäre ich an einer Quellenangabe sehr interessiert.
Ich hoffe auf eine baldige Antwort und verbleibe
Hochachtungsvoll
Sebastian M Jürges
Sehr geehrter Herr Jürgens,
das geplante Gesetz ist sicherlich nicht der Stein der Weisen. Ihrer Argumentationsweise kann ich mich aber nicht anschließen. Ich werde überhäuft mit Briefen, die mir unter Anführung von verschiedenen Quellen und Experten darlegen, dass das Internet nicht mehr der Hauptverbreitungsort von Kinderpornografie ist, und dass das geplante Banner überflüssig ist und einer allgemeinen Zensur Tür und Tor öffnet. Ob das Internet auf Platz eins, zwei oder drei der Verbreitungswege steht ist für mich sekundär. Dass technisch Versierte das Banner umgehen können ist mir ebenfalls bewusst. Mir geht es aber darum, die Hemmschwelle für Konsumenten anzuheben. Ein Konsumieren „en passant“ soll nicht mehr möglich sein und wer im Internet danach sucht soll wortwörtlich vor Augen geführt bekommen, dass er sich strafbar macht. Für mich ist das Banner ein Mittel von vielen, andere müssen folgen oder sind schon installiert, um dem Verbrechen Kinderpornografie Einhalt zu gebieten.
Der Argumentation, dass eine allgemeine Zensur zu befürchten ist, kann ich mich nicht anschließen. Aus meiner bisherigen politischen Arbeit geht klar hervor, dass ich solchen Bemühungen immer entgegen stand.
Sexuelle Gewalt gegen Kinder ist ein abscheuliches Vergehen. In den vergangenen Jahren haben wir deshalb das Herstellen, die Verbreitung und den Besitz von Kinderpornographie lückenlos unter Strafe gestellt. Die Verbreitung von Kinderpornographie hat insbesondere im Internet in den letzten Jahren dramatisch zugenommen. Gleichzeitig ist eine Tendenz zu immer jüngeren Opfern festzustellen.
Der kommerziellen Verbreitung über das Internet darf nicht tatenlos zugesehen werden. Bereits nach heutiger Rechtslage werden Kinderpornographie-Seiten, die sich auf deutschen Servern befinden, von den Internprovidern heruntergenommen. Dieser direkte Zugriff ist im Ausland nicht möglich. Deshalb ist es notwendig, den Zugang zu entsprechenden kinderpornographischen Internetangeboten von Deutschland aus zu sperren.
Der SPD-Bundestagsfraktion war bereits zu Beginn dieser Diskussion voll bewusst, dass wir uns in einem Spannungsfeld zwischen dem notwendigen Kampf gegen Kinderpornographie im Internet und den hierdurch betroffenen Freiheitsrechten der Bürgerinnen und Bürger bewegen. Deshalb haben wir stets deutlich gemacht, dass wir für eine entsprechende Internetsperre eine gesetzliche Grundlage für erforderlich halten, um rechtsstaatlichen Grundsätzen genügen zu können. Wie Sie wissen, hat es ja vor kurzem vertragliche Vereinbarungen mit großen Internetprovidern gegeben, die jedoch rechtlichen Zweifeln unterliegen.
Mit dem nun vorliegenden Gesetzentwurf verfolgen wir das Ziel, den Zugang zu kinderpornographischen Inhalten zu erschweren. Uns ist bekannt, dass versierte Nutzer diese Sperrung technisch umgehen können. Es kommt uns aber entscheidend darauf an, die Hemmschwelle, die an dieser Stelle in den letzten Jahren deutlich gesunken ist, wieder signifikant zu erhöhen. Dem dient neben der Sperrung einzelner Seiten die Umleitung auf eine Stoppseite mit entsprechenden Informationen.
Die SPD-Bundestagsfraktion hat durchgesetzt, dass es zum Gesetzentwurf am 27. Mai eine Anhörung des Wirtschaftsausschusses gab. Der Gesetzentwurf wirft zahlreiche inhaltliche und rechtliche Fragen auf, die wir in einem transparenten parlamentarischen Verfahren erörtern müssen. Damit können wir auch die in Teilen der Internet-Community aufgeworfenen Kritikpunkte, die ihren Ausdruck in einer stark beachteten E-Petition gefunden haben, angemessen einbeziehen und erörtern.
Die SPD-Fraktion wirbt dafür, sowohl das Thema Kinderpornographie als auch das freie Internet mit der gebotenen Sensibilität zu behandeln. Der wichtige Kampf gegen Kinderpornographie im Internet und die Rechte der Internet-Nutzer müssen sich nicht ausschließen. Im weiteren Gesetzgebungsverfahren werden wir insbesondere prüfen, an welchen Stellen der Gesetzentwurf in datenschutzrechtlicher und verfahrensrechtlicher Hinsicht verbessert werden kann.
Eins ist allerdings klar: Weitere Schritte sind erforderlich, um Kinderpornographie effektiv zu bekämpfen. Die SPD-Fraktion hat dazu mit einem Anfang Mai beschlossenen 10-Punkte-Plan zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Gewalt und Ausbeutung ein umfassendes Konzept mit weiteren konkreten Maßnahmen vorgelegt.
Mit freundlichen Grüßen
Renate Schmidt