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Renate Künast
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
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Frage von Janin L. •

Warum sind bei der Erarbeitung des neuen Tierschutzgesetzes so viele schreckliche Praktiken weiterhin erlaubt bzw. gibt es so lange Übergangsfristen zum Leid der Tiere?

Folgende Punkte meine ich konkret:

• Langstrecken-Tiertransporte in Länder außerhalb der EU

• Amputationen, um Tiere an landwirtschaftliche Haltungssysteme anzupassen

• jegliche Form der Anbindehaltung, darunter auch die saisonale Anbindehaltung von Rindern und die Anbindehaltung von Greifvögeln

• Privathaltung exotischer Wildtiere wie Affen, Tiger und Reptilien als „Haustiere“

• Wildtierarten im Zirkus – und dies ohne Einzelfall-Schlupfloch

• Verkaufs von Welpen und anderer Tiere über Online-Plattformen. Die Tierheime sind voll!

• Qualzuchten in der Landwirtschaft und im Heimtierbereich

Wenn diese Punkte weiterhin erlaubt bleiben, verdient das neue Tierschutzgesetz diesen Namen nicht!

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Antwort von
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Guten Tag,

Beim Tierschutz klafft zwischen dem im Grundgesetz festgelegten Auftrag und der Wirklichkeit bislang eine erhebliche Lücke, die wir 2021 bei Antritt der Koalition vorfinden mussten. Bis auf wenige Änderungen wurden unter den damaligen Bundesregierungen von Schwarz-Rot nur wenige überschaubare gesetzliche Fortschritte gemacht, die nur durch Gerichtsurteile erwirkt werden konnten. Verbesserungen und Lückenschlüsse sind hier dringend notwendig. Die Novelle des Tierschutzgesetzes ist ein enorm wichtiger Baustein dafür. Daher haben wir in den vergangenen Monaten dieses umfangreichste tierschutzpolitische Vorhaben der vergangenen Jahrzehnte im Parlament verhandelt. Ohne Zweifel war das aus Grüner und auch Tierschutz-Perspektive nicht perfekt, hätte aber dennoch deutliche Verbesserungen für den besseren Schutz der Tiere in Deutschland bewirkt. Als Grüne haben wir uns dafür eingesetzt weitere Missstände zu beheben und gesetzliche Lücken zu schließen. Die Bundesländer, Tierärzt*innen- sowie Tierschutz-Verbände haben sich mit zahlreichen Empfehlungen klar hinter die dringlich erforderliche Tierschutzgesetz-Reform gestellt. Das gab uns im Bundestag hilfreichen Rückenwind. Von der FDP war hingegen kein Wille vorhanden beim besseren Schutz landwirtschaftlich genutzter Tiere voranzukommen. Zuletzt konnten wir uns in den parlamentarischen Verhandlungen vorläufig lediglich auf Verbesserungen beim Heimtierschutz verständigen. 

Durch das Ende der Dreier-Koalition stehen wir nun vor der Herausforderung von fehlenden Mehrheiten im Parlament. Dieser Bruch der Koalition wäre nicht notwendig gewesen. Es wäre möglich gewesen, Lösungen zu finden – aus Verantwortung für unser Land. Wir haben bis zum Schluss konstruktive Vorschläge gemacht, wie man die Lücke im Bundeshaushalt realistisch schließen kann, ohne den Klimaschutz, den sozialen Zusammenhalt, die Wirtschaft oder die Sicherheit und Freiheit in Europa zu gefährden. Christian Lindner und die FDP haben sich dieser Verantwortung völlig entzogen. Umso bedauerlicher ist es für uns Grüne jetzt, dass es unter anderem damit auch für die Novelle des Tierschutzgesetzes in dieser Legislatur kaum Aussicht mehr auf parlamentarische Mehrheiten gibt, um dieses noch mit den demokratischen Kräften des Parlaments zu verabschieden. 

Es ist nun so, dass die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen über keine eigene Mehrheit im Parlament verfügen. Daher können Vorhaben nur mit Stimmen aus anderen Fraktionen verabschiedet werden. Dafür werben wir. Für uns ist aber auch klar: Mehrheiten darf es nicht mit den Stimmen der AfD geben. Das zu garantieren, fordern wir von allen demokratischen Fraktionen. 

Als Grüne kämpfen wir weiter dafür Tierschutz, wie er als Staatsziel im Grundgesetz festgelegt ist, konsequent umzusetzen. Wir danken für Ihre Unterstützung und das zivilgesellschaftliche Engagement. Nun geht es darum weiter für notwendige Veränderungen zu kämpfen und wichtige Überzeugungsarbeit zu leisten, um in der nächsten Legislatur die nötigen parlamentarischen Mehrheiten für eine umfassende Reform des Tierschutzgesetzes zu gewinnen.

Freundliche Grüße,
Team Künast