Frage an Renate Künast von Christian D. bezüglich Verkehr
Sehr geehrte Frau Künast,
durch die aktuellen Absatzprobleme in der Automobilindustrie ist der zukünftige CO2-Grenzwert der EU-Kommission (130g/km) wieder in die Diskussion geraten. Ich habe von Ihnen in einem Fernsehinterview einen Hinweis auf diesen Grenzwert vernommen.
Ich verstehe nicht, dass Ihre Partei einen einzigen Grenzwert für alle Autos als vernünftig ansieht. Wenn ein Kleinwagen den gleichen CO2-Ausstoß wie ein Oberklassenauto oder ein größeres Familienfahrzeug (mit z.B. 7 Sitzmöglichkeiten) hat, dann ist der CO2-Ausstoß des Kleinwagen viel zu hoch. Warum wird von Ihnen hier nicht ein differenzierter Wert (z.B. gestaffelt nach Fahrzeuggewicht) gefordert? Die kleinen Autos müssen ebenfalls einen Druck zur CO2-Reduzierung erhalten.
Ich weise auch noch auf die Einführung des Drei-Liter-Lupos von VW im Jahre 1999 hin (aber kein Interesse der Verbraucher). Um den Verbrauch auf 3 Liter zu bringen, muss auf jeden Fall das Gewicht auf ein Minimum reduziert werden. Dies verursacht Kosten, da aus diesem Grund Materialien verwendet werden müssen, die teuerer sind als die Standardmaterialien. Aus diesem Grund ist ein solches Auto teuerer als das gleiche Auto, das nicht auf Verbrauchsminimierung optimiert ist.
Bei der Einführung des Drei-Liter-Lupos von VW im Jahre 1999 wurden von Ihrer Seite die Bürger nicht auf Ihre Pflicht hingewiesen für Kraftstoffverbrauch zu sorgen und somit gezielt kraftstoffsparende Autos zu kaufen.
Warum hat sich Ihre Partei hier zurückgehalten?
Wenn ein Auto den Durchbruch geschafft hätte, hätten die anderen Automobilbauer ebenfalls entsprechende Modelle auf den Markt bringen müssen.
Engagiert sich Ihre Partei jetzt stärker bei diesem Thema?
Wenn ja, wie?
Vielen Dank
Sehr geehrter Herr Decker,
herzlichen Dank für Ihre Anfrage zu den CO2-Grenzwerten für Autos, die ich im
Namen von Frau Künast gerne beantworte.
Hier liegt wohl ein Missverständnis vor. Die Grünen wollen keinen einheitlichen Grenzwert für alle Neuwagen, sondern einen durchschnittlichen Grenzwert über die gesamte Flotte (so wie die EU). Kleinwagen dürfen damit weniger CO2 ausstoßen als größere Fahrzeuge. Allerdings fordern wir einen ambitionierten Grenzwert von 120 Gramm im Durchschnitt für alle Neufahrzeuge ab 2012, so wie es in der EU ursprünglich einmal geplant war. Leider wurden diese Ziele nun extrem verwässert. Die Regelung, auf die man sich diese Woche zwischen Europäischem Rat und Parlament geeinigt hat, sieht zahlreiche Schlupflöcher vor, so dass Neufahrzeuge de facto im Jahr 2012 noch bis zu 162g CO2 im Durchschnitt verbrauchen dürfen.
Umwelt- und Klimaschutz gehören seit der Gründung der Grünen zu unseren wichtigsten Anliegen überhaupt. Deshalb fordern wir auch schon lange ehrgeizige CO2-Grenzwerte und eine KfZ-Steuer, die sich am CO2-Ausstoß orientiert. Solche Rahmenvorgaben sind auch wichtig für die Planungs- und Investitionssicherheit der Industrie. Für uns ist klar: Wir müssen weg vom Öl. Deshalb haben wir auch mit der Ökosteuer Anreize für einen geringeren Treibstoffverbrauch gesetzt.
Leider hat die Autoindustrie bisher zu wenig getan, um spritsparende Fahrzeuge oder alternative Antriebe zu entwickeln. Das zeigt die aktuelle Automobilkrise sehr deutlich. Die grüne Bundestagsfraktion hat viele Ideen für eine neue Autopolitik entwickelt, die sie im Green Car Concept nachlesen können:
http://www.gruene-bundestag.de/cms/publikationen/dokbin/196/196255.reader_gre
en_car_concept.pdf
Unter anderem fordern wir, bis 2020 eine Million Elektrofahrzeuge auf die Straße zu bringen. Wir begrüßen, dass die Bundesregierung dieses Ziel in ihren nationalen Entwicklungsplan zur Elektromobilität nun übernommen hat. Allerdings schafft elektrische Mobilität nur mit erneuerbaren Energien echte Nullemissionsfahrzeuge. Wer wie VW-Chef Martin Winterkorn oder VDA-Präsident Matthias Wissmann offen dem Kohle- und Atomstrom-Auto das Wort redet, wird die gesellschaftliche Akzeptanz für Elektromobilität hingegen zerstören.
Mit freundlichen Grüßen
Claudia Striffler