Frage an Renate Künast von Kristina M. bezüglich Menschenrechte
Liebe Frau Künast, ich habe bisher immer grün gewählt und besonders Ihre Arbeit und Aussagen sehr geschätzt. Sie schienen mir immer jemand zu sein, die sich nicht manipulieren und kaufen lässt und für Werte einsteht.
Ich bin entsetzt über die Absicht, ein neues Infektionsschutzgesetz auf den Weg zu bringen, das ermöglicht, die Grundrechte massiv einzuschränken* - unverhältnismäßig auf Basis einer Zahl des Inzidenzwertes, das auf einen Test zurückgreift, der nichts über Krankheit und Symptome aussagt.
Ich kann Sie nur bitten, dagegen zu stimmen.
Es macht mich völlig fassungslos, dass die Grundrechte der körperlichen Unversehrtheit eingeschränkt werden sollen, d.h. dass ich nicht selbst über meine körperlichen Grenzen mehr wachen kann. Und dass ich höre, dass die Grünen so etwas befürworten.
Wie stehen Sie dazu, wie werden Sie stimmen?
Mit freundlichen Grüßen
Kristina Mohr
*„Die Grundrechte der körperlichen Unversehrtheit (Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes), der Freiheit der Person (Artikel 2 Absatz 2 Satz 2 des Grundgesetzes), der Freizügigkeit (Artikel 11 Absatz 1 des Grundgesetzes) und der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Absatz 1 des Grundgesetzes) werden eingeschränkt und können auch durch Rechtsverordnungen nach Absatz 6 eingeschränkt werden.“
aus dem Entwurf eines Vierten Gesetzes ....
Sehr geehrte Frau Mohr,
herzlichen Dank für Ihre Zuschrift. In der letzten Woche hat der Deutsche Bundestag das Vierte Bevölkerungsschutzgesetz verabschiedet.
Ein kurzer Hinweis vorweg: Wir bekommen derzeit sehr viele Anfragen und Zuschriften generell zu den Themen Infektionsschutz und Pandemie, deshalb bitten wir um Ihr Verständnis, dass wir nicht im Einzelnen auf alle Fragen eingehen können. Wir werden trotzdem versuchen, unsere Position transparent offenzulegen, damit Sie hoffentlich eine zufriedenstellende Antwort auf Ihre Anfrage erhalten.
Die pandemische Lage bleibt weiter besorgniserregend. Wir befinden uns inzwischen in der dritten Welle der COVID 19-Pandemie. Um diese zu brechen und eine Überlastung unseres Gesundheitssystems abzuwenden, brauchen wir konsequente und verhältnismäßige Maßnahmen. Eine bundesgesetzliche Regelung der wesentlichen Fragen der Pandemiebekämpfung durch den Bundestag ist seit langem überfällig. Eine epidemische Lage nationaler Tragweite braucht auch eine nationale Antwort. Wir halten es deswegen für richtig, dass nun eine bundeseinheitliche Notbremse beschlossen wurde. Um eine weitere Eskalation der Lage zu verhindern, haben wir Grüne uns in zahlreichen Gesprächen mit der Koalition für dringende Nachbesserungen an diesem Paket eingesetzt und konnten Verbesserungen erzielen: schärfere Regelungen fürs Homeoffice, stärkere Schutzvorschriften für die Schulen und Regelungen, die die Notbremse lebenspraktischer und damit umsetzbarer machen.
Dennoch reicht diese Notbremse nicht aus. Bereits seit Wochen ist das Virus uns einen Schritt voraus, jetzt dürfen wir nicht auch noch weiterhin zu wenig tun. Eine zu einseitige Politik, die vor allem Restriktionen für Bildung und Privatleben vorsieht, ist weder konsequent genug, um uns vor der Epidemie zu schützen, noch verhältnismäßig. Angesichts der angespannten Pandemielage stehen wir einer schnellen Umsetzung jedoch nicht im Weg und haben uns deshalb bei der Abstimmung zum Gesetzesentwurf enthalten.
Insgesamt müssen wir jetzt schnellstmöglich erreichen, dass wieder möglichst viele Menschen mitziehen. Schon deshalb, weil viele Infektionen im privaten Bereich stattfinden. Daher brauchen wir konsequente Maßnahmen. Wir müssen erreichen, dass jetzt in dieser hoffentlich letzten Phase der Pandemie nochmal alle gemeinsam an einem Strang ziehen. Wir sehen nicht, dass dieses Ziel mit diesem Gesetz in dieser Form erreicht werden kann. Im Gegenteil: Es steht zu befürchten, dass noch mehr Menschen das Verständnis verlieren. Das können wir uns aber nicht leisten, denn die Pandemie ist nach wie vor nicht unter Kontrolle.
Wir werden uns weiterhin dafür einsetzen, dass wir so gut wie möglich durch diese Krise kommen. Bleiben Sie gesund.
Mit freundlichen Grüßen
Team Renate Künast