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Renate Künast
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Frage von Carsten K. •

Frage an Renate Künast von Carsten K. bezüglich Kultur

Sehr geehrte Frau Künast,

Im Dezember 2007 hat die Bundesregierung einen Gesetzentwurf verabschiedet, der vorsieht, Computer- und Videospiele mit „besonders gewalthaltigen Szenen“ automatisch zu verbieten. Das Gesetz soll vom Bundestag bis zum Sommer 2008 verabschiedet werden.

Ich halte ein solches Gesetz für überflüssig, weil ...

1. Computerspiele nicht die Ursache für Jugendgewalt sind (es gibt bisher keine Untersuchungen, die das bewiesen haben - Auch Herr Prof. Pfeiffers Studien stehen wegen der nicht Offenlegung der Bewertungskriterien in der Kritik. Ebenso widersprechen Schlüsse a la "wer Computerspiele spielt ist dick, dumm und schlecht in der Schule" jeglichem seriösen wissenschaftlichen Arbeiten).

2. Deutschland hat bestehende Mittel zur Bekämfung solcher gewaltverherrlichenden Spiele bereits (siehe USK). Ein Verbot dieser Spiele in Deutschland wird nicht die Verbreitung im Internet oder über die Bestellung im Ausland eindämpfen.

3. Ich bin 28 Jahre alt. Wenn ein Film oder ein Buch erst ab 18 ist, darf ich es sehen bzw. lesen, wenn ich es möchte. Warum sollte es bei Computerspielen anders sein.

4. Computerspiele sind von EU als Kulturgut anerkannt worden. Also warum wird es derart stark bekämpft?

Ich könnte die Liste beliebig lang weiterführen. Allerdings bleiben mir nur noch 570 Zeichen.

Ich möchte eigentlich nur darauf hinweisen, dass die Politik sich, bevor sie ein Thema zu einem Gesetzentwurf verabschiedet, darüber genauer informieren sollte. Ich war bei den Killerspiel-Diskussionen im Paul-Löber-Haus und im Bundestag und es ist erschreckend, wie wenig sich die Abgeordneten mit dem Medium Computerspiel auskennen. Wenn dann noch wissenschaftliche Aussagen getroffen werden (siehe Pfeiffer), die einzig darauf abzielen, persönliche Interesse wahrzunehmen, finde ich es echt Schade, dass ein Großteil der Anwesenden das akzeptieren (weil sie kein eigenes Hintergrundwissen haben.)

Beste Grüße,
Carsten Kohlenbeck

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Kohlenbeck,

vielen Dank für Ihre Frage zu Videospielen. Wir finden, dass Gewalt in den Köpfen von Kindern und Jugendlichen nichts zu suchen hat. Auch aus diesem Grund hat Rot-Grün im Jahr 2003 den Jugendmedienschutz verschärft. Seitdem braucht ein Computerspiel eine staatliche genehmigte Alterskennzeichnung, um frei verkauft werden zu können. Gewaltverherrlichende, rassistische und die Menschenwürde verletzende Spiele können so auch verboten werden.

Aber schon damals waren wir uns mit allen ExpertInnen einig, dass darüber hinausgehende Maßnahmen und Verbote keinen besseren Jugendschutz bieten könnten. Mediale Gewalt lässt sich durch Gesetze allein nicht mehr aus den Kinderzimmern verbannen.

Immer wieder müssen Computerspiele als Sündenbock herhalten, wo es eigentlich um fehlende Medienkompetenz und nicht wahrgenommene (Erziehungs-) Verantwortung geht. Darum gilt: Statt Verboten müssen wir die Medienkompetenz stärken. Wer gelernt hat, kompetent mit Computerspielen umzugehen, wird in der Lage sein, die Realität von einer simulierten Welt zu unterscheiden. Bündnis 90/Die Grünen werden sich auch weiterhin differenziert mit dieser Problematik auseinandersetzen und eigene Lösungsvorschläge einbringen.

Mehr Informationen finden Sie auch unter http://www.gruene-bundestag.de/cms/publikationen/dokbin/168/168506.computerspiele_was_wird_hier_gespielt_fa.pdf

Mit freundlichen Grüßen,
Katrin Langenbein

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