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Renate Künast
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Frage von Stephanie H. •

Frage an Renate Künast von Stephanie H. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Liebe Frau Künast,

sie haben im letzten Jahr in einer Bundestagsdebatte die afghanische Frauenrechtlerin und Abgeordnete Malalai Joya verbal angegriffen und diffamiert. Nun wurde Joya diese Woche für ihr außergewöhnliches Engagement für die Frauen in Afghanistan ausgezeichnet. Sie bekam den International Human Rights Award von Cinema for Peace 2008. Meine Frage an sie: Halten sie unter diesen Umständen ihre Kritik an der Person Malalai Joya immer noch aufrecht? Oder finden sie nicht, dass es an der Zeit wäre, sich offziell bei Malalai Joya für die Äußerungen im Bundestag zu entschuldigen?

Herzliche Grüße, Stephanie Hanisch

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau Hanisch,

im Namen von Renate Künast danke ich Ihnen herzlich für Ihr Schreiben vom 13. Februar zum Thema "Afghanische Frauenrechtlerin Malalai Joya".

Es freut uns sehr, dass Frau Joya für ihr Engagement für die Rechte von afghanischen Frauen geehrt worden ist. Wir gratulieren ihr! Und den vielen hier in Deutschland unbekannten Afghaninnen, die ohne Anerkennung oder Ehrung täglich ihr Leben aufs Spiel setzen, um für sich, für ihre Geschlechtsgenossinnen, für ihre Väter und Brüder, für ihre Kinder und für jeden einzelnen Afghanen und jede einzelne Afghanin elementare Menschenrechte zu erstreiten!

Ich würde mir wünschen, dass sich mehr Menschen wie Sie für das Schicksal einzelner mutiger Frauen in Afghanistan interessieren würden. Im letzten Jahr haben uns fünf afghanische Abgeordnete geschrieben, die sich darüber empört haben, dass Malalai Joya in einem TAZ-Interview behauptet hatte, den "Frauen in Afghanistan gehe es heute schlechter als unter den Taliban". Auch diese Frauen lehnen sich gegen Warlords im Parlament und gegen patriarchalische Strukturen auf. Sie prangern - ebenso wie Frau Joya - die Korruption in der Regierung und im Parlament an. Aber sie beschimpfen ihre Kollegen und Kolleginnen im Parlament nicht als "Schweine und Hunde".

Die Kritik von Frau Joya halte ich für sehr berechtigt. Nicht aber die Art und Weise, wie sie ihre Kritik vorbringt. Ich schließe mich lieber der Form der Kritik der Abgeordneten Shinkay Karokhail, der Abgeordneten Gharghashta Suleimankhail oder Abgeordneten Soleha Mehdzad an. Diese Abgeordneten haben ihre Wahlkreise teilweise im den paschtunischen Stammesgebieten. Ein Umgebung, die es Frauen nicht leicht macht, in der Öffentlichkeit aufzutreten und um Wählerstimmen zu werben. Aber ihre Wahlkreise haben sich für sie entschieden. Unflätige Äußerungen sollten in keinem Parlament der Welt einen Platz haben. Ich mache keine Unterschiede in den Nationalitäten. Demokratie bedeutet Meinungspluralismus, nicht Beschimpfungen oder Verunglimpfungen. Genauso, wie ich diese Regel in Deutschland umgesetzt sehen will, halte ich sie auch für Afghanistan gültig. Diese Meinung bedarf keiner Entschuldigung.

Ich hoffe, ich habe Ihnen ausführlich unseren Standpunkte erläutert. Falls Sie mehr dazu lesen möchten, möchte ich Sie gerne auch auf eine weitere Antwort zu Malalai Joya hinweisen, die wir am 14. Oktober 2007 ins Netz gestellt haben. Auch hier finden Sie eine ausführliche Stellungnahme, die Ihnen die Position von Frau Künast sowie dessen Hintergründe verdeutlichen wird.

Mit freundlichen Grüßen

Mariam Tutakhel
Referentin

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