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Renate Künast
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Martin L. •

Frage an Renate Künast von Martin L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Künast ,
seit einigen Jahren lebt laut Medienberichten (s. Jens Anker, Stefan Schulz u. Gert Monheim) ein Reda Seyam in Charlottenburg. Er gilt als Terrorverdächtiger, der nach den Vorstellungen des Generalbundesanwaltes an den Anschlägen auf Bali im Jahr 2002 beteiligt gewesen sein soll.
Es wird gesagt, die Berliner CDU kritisiere den Umgang mit Reda Seyam.
Der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Frank Henkel, fragte lt. Medienberichten: "Kann es sein, dass ein mutmaßlicher Terrorist unbehelligt unter uns lebt - zumal wir wissen, dass über 5000 radikale Islamisten in der Stadt wohnen?"
Meine Frage an Sie ist nun: inwieweit wird die wohlwollende Position der Grünen in Charlottenburg zum geplanten Moscheebau eines beim Verfassungsschutz nicht gerade überschwänglich als Integrationshighlight gefeierten möglichen Muslimbrüderablegers namens Inssan von der Einwohnerschaft eines möglichen „Gotteskriegers“ dortselbst positiv beeinträchtigt.
Und zweitens: in welchen Stadtteilen von Berlin wohnen die radikalen Islamisten (lt. div. Quellen ca. 5.000(Fünftausend!)?
Danke für Ihre Informationen.
Martin Loesch

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Der muslimische Verein Inssan möchte - nach jahrelangen erfolglosen Versuchen in Neukölln - nunmehr in Charlottenburg ein ein Begegnungs- und Kulturzentrum mit Veranstaltungsräumen, Restaurant, Bibliothek, Jugendclub, Geschäften und mit einer Moschee einrichten bzw. ab 2009 eine kleine Moschee an der Lise-Meitner-Straße bauen.

Grundsätzlich unterstütze ich den Bau von Moscheen in Deutschland, denn wir sollten die in Deutschland lebenden Muslime integrieren und nicht ausgrenzen. Dazu gehört m.E. auch dass die sog. Hinterhofmoscheen durch moderne und repräsentative Moscheeneubauten ersetzt werden. Diese sollen und werden damit ein Stück unseres Stadtbildes prägen. Das passt zu der Weltoffenheit und der Toleranz unserer Stadt.

Im Hinblick auf Ihre Fragen zum Verein "Inssan": Dieser bekennt sich zum politischen und gesellschaftlichen System Deutschlands. Im Verfassungsschutz Berlin wird er nicht erwähnt - auch nicht im Zusammenhang mit der sog. Muslimbruderschaft. "Inssan" beteiligt sich nachweislich aktiv an Kampagnen gegen Zwangsheirat und initiiert Friedensgebete zusammen mit Christen und Juden. Insofern sind m. E. keine belastbaren Gründe vorhanden, eine Zusammenarbeit mit diesem Verein abzulehnen - zumal sich z. B. die frühere Berliner Ausländerbeauftragte Barbara John im Beirat von "Inssan" engagiert. "Inssan" selber hat angekündigt, den Moscheeneubau im Dialog mit den politischen und gesellschaftlichen Kräften im Kiez zu betreiben. Gleichzeitig sollen auch nicht-muslimische Organisationen das Kulturzentrum nutzen können. Mit einem solchen dialogorientierten Vorgehen wurden bereits beim Moscheebau in Duisburg und Mannheim gute Erfahren gemacht.

Die Bündnisgrünen in Charlottenburg-Wilmersdorf haben das Vorhaben von "Inssan" intensiv geprüft. Sie kommen dabei u. a. zu dem Ergebnis, das dieser Moscheeneubau weder zu einem unverhältnismäßigem zusätzlichen Verkehrsaufkommen noch zu einem Verdrängungsprozess gegenüber bisherigen Einwohnern im Mierendorff-Kiez führen dürfte.

Zum Schluss ein Wort noch zu dem in Berlin lebenden terrorverdächtigen Reda Seyam: Da Herr Seyam m. W. deutscher Staatsangehöriger ist, können gegen ihn - wenn schon keine Verurteilung wegen des mutmaßlichen Terrorverdachts möglich ist - keine aufenthaltsrechtlichen Auflagen erlassen werden. Ein Zusammenhang zwischen dem o. g. Moscheebauvorhaben und Herrn Seyam besteht m. W. nicht.

Eine Aufschlüsselung darüber, wo Personen einer bestimmten politischen bzw. religiösen Auffassung leben, existiert in Berlin nicht - und das ist auch gut so.

Mark Holzberger
Vorstandsreferent Renate Künast MdB

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