Frage an Renate Künast von Nina S. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung
Liebe Frau Künast,
die Grünen setzen sich ja bekanntlich für die Reduzierung/ Abschaffung der Massentierhaltung ein.
Wie sehen dort die konkreten Herangehensweisen aus? Würde auch hier bei zB Rinderhaltung so etwas wie eine "CO2" Steuer greifen auf Grund der Emissionen? Oder auf Basis des verstärkten Tierrechtes? Wie sähe es aus mit Förderungen rein pflanzlicher Ernährung? Gäbe es dort Möglichkeiten so etwas wie "Prämien" für Unternehmen mit pflanzenbasierten Produkten einzuführen? Hätte die Abschaffung der Massentierhaltung, bis auf die wahrscheinliche Preiserhöhung von Fleischprodukten, sonst irgendwelche Nachteile?
Mit freundlichen Grüßen,
Nina
Sehr geehrte Frau S.,
vielen Dank für Ihre Nachricht. Auch uns sind ökologische Landwirtschaft, gutes Essen und der Schutz der Tiere große Anliegen.
Schon seit vielen Jahren fordern wir: Die industrielle Massentierhaltung muss beendet werden. Wir müssen jetzt einen richtige Transformation einleiten und dazu brauchen nicht nur die Agrarwende, sondern auch eine Ernährungswende. Wir müssen die Art und Weise, wie wir unser Essen produzieren, verändern.
Die Tierschutzgesetze in Deutschland sind nicht ausreichend und werden zudem nur unzureichend umgesetzt. Gehaltene Tiere ertragen in ihrem oft kurzen Leben häufig qualvolle Haltungsbedingungen. Leidende Tiere gehören zum Alltag und werden bei Kontrollen immer wieder als „normal“ hingenommen. Wir fordern eine tiergerechte Haltung der Tiere in der Landwirtschaft, etwa durch höhere Mindeststandards. Zudem braucht es eine Verbesserung der Kontrollen.
Wir wollen eine Landwirtschaft, die mit der Natur arbeitet, die das Klima schützt und die Artenvielfalt bewahrt. Dafür ist es wichtig, Fördergelder umzuschichten. Wir fordern: Öffentliches Geld soll es nur noch für gesellschaftliche Leistungen geben. So soll eine bäuerlich-ökologische Landwirtschaft ohne chemische Düngemittel, Tierleid und Gentechnik gefördert werden. Im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) fordern wir außerdem einen Naturschutzfonds von 15 Milliarden Euro jährlich für Naturschutzmaßnahmen in der Agrarlandschaft. Dafür ist es wichtig, den Einsatz von Pestiziden einzudämmen. Hierfür fordern wir eine Abgabe auf Pestizide und wollen die Forschung zu einer pestizidarmen Landwirtschaft stärker fördern.
Für uns steht fest: Die Zustände der Agrarindustrie sind einer modernen Gesellschaft unwürdig. Deshalb muss sich jetzt etwas ändern. Dazu gehört es, neben der Verbesserung der Haltung der Nutztiere und einem Umdenken in Bezug auf ökologische Landwirtschaft, ein Umdenken beim Konsum tierischer Lebensmittel anzustoßen.
Dies ist auch aus Klimaschutzgründen eine wichtige Entwicklung. Um dies zu erreichen, sollen in Schulen und Ausbildung die globalen Folgen unserer Lebensmittelproduktion thematisiert und verdeutlicht werden. Zudem müssen die Informationen über Tierhaltung viel transparenter und zugänglicher gemacht werden. Wir wollen alle tierischen Produkte auf einen Blick erkennbar mit Informationen über die Tierhaltung auszeichnen, so wie es bei der Eierkennzeichnung bereits der Fall ist. Nur so können Verbraucher*innen wirklich eine Entscheidung darüber fällen, ob und wenn ja welches Fleisch sie essen wollen.
Ein weiteres von uns vorgeschlagenes Instrument, um mehr Klimagerechtigkeit zu erlangen, ist eine Bepreisung von CO2. Dieser CO2-Preis soll wirksam und sozial gerecht die Lenkungswirkung hin zu klimaverträglichen Investitionen verstärken. Mit dem CO2-Preis wollen wir vor allem die Rahmenbedingungen für den Umstieg auf klimafreundliche Alternativen im Verkehr und bei der Wärmeversorgung verbessern, die alle mehr oder weniger strombasiert sind.
Der Agrarsektor muss seinen spezifischen Beitrag zur Klimarettung auch über andere Instrumente einbringen. Wir müssen den Anteil vom Ökolandbau bis 2025 auf mindestens 25 Prozent der Fläche erhöhen und gleichzeitig die ökologische Land- und Lebensmittelwirtschaft über die nächsten Jahre mit 1 Mrd. Euro fördern. Weiterhin müssen Maßnahmen ergriffen werden, um die Kohlenstoffbindung im Boden bzw. den damit einhergehenden Humusaufbau auch in der konventionellen Landwirtschaft zu steigern. Um den Ackerbau klimafreundlicher zu gestalten brauchen wir Agroforstsysteme, Mischkulturen, weite Fruchtfolgen mit Zwischenfrüchten die Einarbeitung von Pflanzenresten und eine ganzjährige Bodenbedeckung.
Als wichtige Kohlenstoff- und Wasserspeicher müssen Moorrenaturierungsprojekte entwickelt und finanziert werden. Dafür muss der industrielle Torfabbau bundesweit beendet werden und regenerierte Moorböden müssen dauerhaft wiedervernässt werden. Auch Wälder müssen als Klimasenken behalten werden. Zu diesem Zweck müssen wir standortheimische Baumarten auf zerstörten Waldflächen wieder bewalden, die Umwandlung von Holzplantagen in naturnahe und ökologische Wälder festsetzen und mithilfe eines Waldzukunftfonds in Höhe von einer Milliarde Euro fördern.
Zur Rettung unseres Klimas müssen wir Investitionen in den Klimaschutz ankurbeln. Diese sollen in öffentlichen Investitionsgesellschaften gebündelt werden. Good Governance und demokratische Beteiligung sollen dabei für Transparenz und Kontrolle sorgen. Da das Auflegen von Förder- und Anreizprogrammen sinnlos bleibt, solange parallel Milliarden für umwelt- und klimaschädliche Subventionen belastet werden, wollen wir diese Subventionen abbauen.
Bei unserem Einsatz für eine zukunftsfähige Landwirtschaft und mehr Klimagerechtigkeit wissen wir uns unterstützt von vielen Verbraucher*innen, die möglichst gut und gesund essen und verantwortungsvoll leben wollen. Deshalb kämpfen wir im Bundestag weiter für ein politisches Umsteuern hin zu einer ökologischen Landwirtschaft ohne Tierleid und mit einem Fokus auf Klimaschutz. Leider tut Bundesregierung in diesem Bereich viel zu wenig. Wir werden ihre Arbeit deshalb weiter kritisch begleiten.
Mit freundlichen Grüßen,
Team Renate Künast