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Renate Künast
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Frank M. •

Frage an Renate Künast von Frank M. bezüglich Familie

Sehr geehrte Frau Künast,

was tun die Grünen um das Wechselmodell schnellstmöglich als Ersatz für
das Residenzmodell zu beschliessen?

Das Wechselmodell ist seit Jahrzehnten weltweit erforscht und von Kinderpsychologen als beste Lösung für Trennungs-Kinder anerkannt. In 2013 wurden alle weltweiten Studien von Frau Prof. Dr. Sünderhauf nochmal zusammen gefasst und auf 900 Seiten auch die letzten bis dahin genutzten deutschen Gegenargumente widerlegt:
https://www.youtube.com/watch?v=HpV4AXJFqHQ
http://www.springer.com/us/book/9783531183404

Im Oktober 2015 forderte der Europarat die Einführung des Wechselmodells
als Standard auch in Deutschland:
http://assembly.coe.int/nw/xml/XRef/X2H-Xref-ViewPDF.asp?FileID=22220&lang=en

Ende Oktober 2015 fordert die Familienkommission der CSU das Wechselmodell
als Standard in Deutschland:
http://www.csu.de/partei/parteiarbeit/kommissionen/familienkommission/familienkommission-aktuell/oktober-2015/gleichberechtigung-der-eltern/

Das Statistische Bundesamt zählte 2014 etwa 2,7 Millionen Alleinerziehende. Davon 2,3 Millionen alleinerziehende Mütter und 0,4 Millionen alleinerziehende Väter. Wenn man die 0,5 Millionen verwitweten Eltern abzieht, bleiben 2,2 Millionen "Alleinerziehende" in Deutschland. Multipliziert mit 1,4 Kinder sind das über 3 Millionen deutsche Kinder, die im Residenzmodell leben:
https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/Bevoelkerung/HaushalteMikrozensus/HaushalteFamilien2010300147004.pdf?__blob=publicationFile (Seite 82-85)

Das Residenz-Modell wird in Deutschland mit Hilfe von nötigen Unterhaltszahlungen gefördert. Es ist aber NICHT im Interesse der betroffenen 3 Millionen Kinder.
Auch würde das Wechselmodell die Gleichberechtigung zum Abschluss bringen, denn für Arbeitgeber würde es keinen Unterschied machen, ob sein Mitarbeiter Vater oder Mutter ist: jeder hat im wöchentlichen Wechsel die Kinder bei sich und muss mal später kommen, bzw. früher gehen...

Was tun die Grünen?

Vielen Dank vorab.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Möhle,

haben Sie vielen Dank für Ihre Frage.

Ausgehend vom Kindeswohl ist es grundsätzlich sehr zu begrüßen, dass beide Elternteile die Betreuung des Kindes weiter führen wollen. Dass sich Mutter und Vater im Scheidungsverfahren über die elterliche Sorge streiten, soll nicht ausreichen, das Sorgerecht - mit Konsequenzen für die Unterhaltsverpflichtungen - nur einem Elternteil zuzuteilen. Entscheidend ist, ob sich die Differenzen der Eltern negativ auf das Kind auswirken. Es gibt Kinder, die können gut mit den andauernden Auseinandersetzungen zwischen Mutter und Vater umgehen. Andere hingegen leiden stark darunter, was sich in verschiedensten Formen manifestieren kann. In einem solchen Fall muss man ernsthaft prüfen, ob das Sorgerecht einem Elternteil allein zustehen soll. Und grundsätzlich stellt sich die Frage, welche Bedeutung die gemeinsame elterliche Sorge überhaupt noch haben kann, wenn die Eltern nicht miteinander über die Kinderbelange sprechen können oder sich nie einig werden.

Das geltende Gesetz geht grundsätzlich davon aus, dass bei getrennten Paaren ein Elternteil die Betreuung übernimmt und der andere Elternteil die dafür notwendigen finanziellen Mittel zur Verfügung stellt (Barunterhalt). Für Fälle in denen die getrennten Paare sich die Betreuung jeweils zur Hälfte teilen (sog. Wechselmodell), sind beide Elternteile nach ihren jeweiligen Erwerbseinkünften gegenüber dem Kind unterhaltspflichtig. In diesen Fällen werden die zusätzlichen Mehrkosten hinzugerechnet. Unabhängig von den verfahrenstechnischen Problemen werden beim Wechselmodell die Eltern unterhaltsrechtlich aus finanzieller Sicht gleichberechtigt berücksichtigt.

Probleme bereitet die aktuelle Gesetzeslage in den Fällen, in denen der getrennt lebende Elternteil mehr als das übliche Maß an Umgang und Betreuung übernimmt, aber keine hälftige Betreuung übernehmen kann. Z.B. wenn er 1/3 oder sogar 40 % der Betreuung übernimmt. In diesen Fällen wird der Unterhaltsanspruch für das Kind, das seinen Lebensmittelpunkt bei dem anderen Elternteil hat, alleine nach dem Einkommen des unterhaltspflichtigen Elternteils bestimmt. Im Rahmen seiner Unterhaltspflicht können lediglich Kosten für Kleidung und Verpflegung (die über das übliche Maß hinausgehen) berücksichtigt werden und zu einer Reduzierung der Unterhaltspflicht führen. Die anfallenden Kosten für ein zusätzliches Kinderzimmer können vom unterhaltspflichtigen Elternteil nicht geltend machen. Bei diesen Berechnungen spielt es keine Rolle, ob der betreuende Elternteil ein eigenes Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit erzielt, solange er die Betreuung nicht vollständig Dritten überlässt.
Lediglich in Ausnahmefällen kann der betreuende Elternteil in diesen Fällen zum Barunterhalt herangezogen werden. Das betrifft Fälle in denen der barunterhaltspflichtige Elternteil nicht leistungsfähig ist oder er unter seinem angemessenen Selbstbehalt liegt und der betreuende Elternteil wesentliche mehr Einkommen zur Verfügung hat. Es muss ein sogenanntes krasses Missverhältnis vorliegen.

Dass das in Fällen der Betreuungsübernahme von z.B. 1/3 zu einer einseitigen Belastung des Barunterhaltspflichtigen führt, bedarf der Überprüfung. Der Gesetzgeber muss hier prüfen, wie und ob eine gesetzliche Änderung vorgenommen werden muss. Deshalb haben wir mit großem Interesse die vom Europarat in seiner Sitzung am 02. Oktober 2015 verabschiedete Resolution zur Stärkung der Rolle von Trennungsvätern und zur Beseitigung bestehender Diskriminierungen im Familienrecht zur Kenntnis genommen und analysieren, welcher Umsetzungsauftrag sich für Deutschland daraus ergibt.

Allerdings ist die grüne Bundestagsfraktion als Oppositionsfraktion nur begrenzt in der Lage dieses Thema auf die Tagesordnung des Deutschen Bundestages und des zuständigen Rechtsausschusses zu bringen. Dennoch sind wir seit Anfang der Legislaturperiode mit Vertreterinnen und Vertreter anderer Fraktionen im Gespräch und fordern die Weiterentwicklung des Familienrechts sowie dessen Anpassung an den gesellschaftlichen Wandel. Wir werden versuchen auch das Thema in Bezug auf die o.g. Resolution ebenfalls zu thematisieren.

Ich hoffe, Ihnen weitergeholfen zu haben.

Mit freundlichen Grüßen
Renate Künast

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