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Renate Künast
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Frage von Angela F. •

Frage an Renate Künast von Angela F. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrte Frau Künast,

ich bin zutiefst beunruhigt über die Pläne und die Art und Weise der Verhandlungen über das geplante Freihandelsabkommen, sowohl mit den USA als auch mit Kanada. Ich finde es unglaublich, dass da Geheimverhandlungen stattfinde, an denen zu 95[ Wirtschaftsvertreter teilnehmen, aber Beschlüsse gefasst werden, in denen dann Verbraucherschutz, Arbeiterrechte, Umweltschutz, öffentliches Eigentum, Tierschutz als Handelshemmnisse gelten, gegen die vor Schiedsgerichten auf "Schadensersatz" geklagt wird, bzw. entsprechende Gesetzgebung mit einer Klagedrohung von vorneherein verhindert wird, wie Vattenfall es in beiden Weisen schon vormacht. Ich finde es empörend, dass von der EU-Kommission an die nationalen Regierungen die Weisung ergeht, nur positive Stellungnahmen an die Medien zu geben. Tatsächlich werden mit diesem Freihandelsabkommen, und das mit Kanada öffnet schon US-KOnzernen die Türen nach Europa in der gewünschten Weise, letztlich sämtliche demokratischen Möglichkeiten beim Umweltschutz, Verbraucherschutz, Arbeitsrecht, Sozialrecht, Tierschutz auszuhebeln, de facto also eine Abschaffung der Demokratie zugunsten einer Konzern-Diktatur. Und ich finde es empörend,von gewählten Politikern hauptsächlich die Märchen von dem tollen Wachstum und den vielen Arbeitsplätzen zu hören, obwohl sämtliche Erfahrungen mit Freihandelsabkommen zeigen, dass einzig die multinationalen Konzerne gewinnen. Wie ist Ihre Stellungnahme dazu?

Mit freundlichem Gruß
Angela Franke

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Franke,

als Mitglied des Bundestages, Vorsitzende des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz und ehemalige Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft bereiten mir die möglichen Aufweichung sozialer und ökologischer Standards durch das Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA große Sorgen. Deswegen setze ich mich dafür ein, dass an den hohen europäischen Standards im Agrar-, Verbraucher- und Datenschutz festgehalten wird und auch keine Nebengerichtsbarkeit durch ein Schiedsgericht eingeführt wird.

Der Grüne Parteitag hat Anfang Februar folgenden Beschluss gefasst: "Wir mobilisieren gegen die jetzige Agenda von TTIP, die unsere Prinzipien missachtet. Wir fordern die Aussetzung der Verhandlungen und einen kompletten Neustart, auf Basis eines transparenten Verfahrens und eines neuen Verhandlungsmandates. Wir Grüne werden keinem Abkommen zustimmen, das europäische Standards und Gesetze untergräbt."

Insbesondere sehe ich die möglichen Auswirkungen des TTIP auf die Landwirtschaft und Umweltstandards, aber auch auf Sozial-, Urheber- und Datenschutzrechte kritisch. Landwirtschaftliche Praktiken, die in den USA Standard sind, wie die Behandlung von Hühnern mit Chlor oder Hormonbehandlung von Milchkühen, sind bei uns durch demokratische Verfahren ausgeschlossen und müssten im Falle eines Freihandelsabkommen mindestens der Kennzeichnungspflicht unterliegen.

Auf Grund von Erfahrungen mit Streitbeilegungsverfahren durch WTO Panels bin ich besorgt über den Einfluss von Schiedsgerichten, die auch Teil des Freihandelsabkommen mit den USA sein sollen. Deshalb beschäftige ich mich weiter intensiv mit dem Thema des Investitionsschutzrechts, welches das Potential hat, demokratische Standards auszuhebeln und unser Rechtssystem zu untergraben. Die Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen berät gerade über die Anträge an den Bundestag zu diesen Komplexen.

Die Zusage von EU-Handelskommissar Karel de Gucht, das Kapitel über den Investorenschutz öffentlich zu verhandeln, betrachte ich als Etappensieg für die kritischen Stimmen, die sich im Bezug auf das Abkommen geäußert haben.

Wir setzen uns mit Nachdruck für die dargelegten Inhalte ein.

Mit freundlichen Grüßen
Renate Künast

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