Frage an Renate Künast von Holger K. bezüglich Familie
Sehr geehrte Frau Künast,
Ihr Team hat vor Kurzem meine Frage von vor 2,5 Jahren beantwortet, wobei nunmehr eine rechtliche Festsetzung zwischenzeitlich entschieden wurde.
Ich möchte Sie daher gern auf´s Neue frage: halten Sie es für Geschlechter-Gleichberechtigung, wenn sich ein Vater das Sorgerecht einklagen muss und zwar meist erfolglos.
Weil der Anwalt der Mutter, welchen sie nötigenfalls sogar über Prozesskostenhilfe bekommt, behauptet, dass die Tatsache der Klage als solche schon mal für eine gestörte Elternkommunikation spricht, welche das Kindeswohl gefährde. Eine gemeinsame Sorge wäre dann natürlich nicht gut möglich.
Würden Sie mir recht geben, wenn ich behapte, dass sich gar nichts geändert hat, weil es die Ausnahme ist, dass ein Gericht das Sorgerecht gegen das o.g. Szenario durchsetzt?
Würden Sie mir Recht geben, wenn ich behaupte, dass es sich dabei um einen Kotau vor reaktionären Kräften handelt, die als potenzielle Wähler gewonnen sollen?
Würden Sie mir Recht geben, dass tatsächliche Geschlechtergleichberechtigung darin bestehen würden, wenn Deutschland seine mittelalterliche Sorgerechtssprechung zugunsten einer Lösung, wie sie in anderen Ländern üblich ist, bedingungslos abschaffen würde?
Würden Sie mir Recht geben, wenn ich behaupte, dass man bestimmten Bevölkerungskreisen und ihren Lobby-Organisationen klar machen muss, dass gemeinsames Sorgeausübung von Eltern keine Verhandlungssache, sondern Pflicht ist?
Würden Sie mir Recht geben, wenn ich behaupte, dass eine Mutter, welche die gemeinsame Sorge verhindern möchte, ihre eigene Fähigkeit zur verantwortlichen Sorgeausübung in Frage stellt?
Mit freundlichen Grüßen
Holger Klinke, Berlin
Sehr geehrter Herr Klinke,
vielen Dank für Ihre erneute Nachricht. Wir sind als Grüne der festen Überzeugung, dass sich nach der Gesetzesänderung die Situation für Väter stark verbessert hat.
Bisher konnte ein Vater ohne Zustimmung der Mutter generell von der Sorgetragung für sein Kind ausgeschlossen werden. Er konnte nicht gerichtlich überprüfen lassen, ob es aus Gründen des Kindeswohls angezeigt ist, ihm zusammen mit der Mutter die Sorge für sein Kind einzuräumen oder ihm anstelle der Mutter die Alleinsorge für das Kind zu übertragen. Dies war eine unhaltbare Situation.
Mit diesem Gesetzentwurf hat die Bundesregierung nun endlich auf die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) von Dezember 2009 und des Bundesverfassungsgerichts von August 2010 reagiert.
Die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen hatte bereits im Oktober 2010 mit dem Antrag "Gemeinsames elterliches Sorgerecht für nicht miteinander verheiratete Eltern" (BT-Drs. 17/3219) auf diese Urteile reagiert und konkrete Vorschläge für eine Sorgerechtsreform formuliert. Danach soll der Vater einen gleichberechtigten und niedrigschwelligen Zugang zur elterlichen Sorge haben, wenn es dem Kindeswohl nicht widerspricht.
Mit freundlichen Grüßen
Renate Künast