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Renate Künast
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Frage von Jörn H. •

Frage an Renate Künast von Jörn H. bezüglich Recht

Sehr geehrte Frau Künast,

bzgl. der Beschneidung schreiben Sie: "Im Mittelpunkt steht dabei eine Abwägung zwischen dem Recht auf körperl. Unversehrtheit, dem - dem Kindeswohl verpflichteten - Erziehungsrecht der Eltern und dem Recht auf Religionsfreiheit." Gleichzeitig nehmen Sie für sich in Anspruch, sich in besonderem Maße um die Gleichberechtigung zu kümmern. Ich möchte Sie daher fragen, ob für Sie diese Abwägung abhängig von der Schwere des Eingriffs auch für Mädchen gleichermaßen ausfällt und Sie somit die leichteren Formen der FGM als elterliches Recht ansehen. Wohlgemerkt, meine Frage zielt nicht auf die schweren und schwersten Formen der FGM sondern um die leichteren, also etwa das Entfernen der weiblichen Klitorisvorhaut oder gar nur das bloße Anritzen der weiblichen Vorhaut, welches unstreitig nur geringere Folgen hat, als die Beschneidung von Jungen. Sind Sie aus Gründen der Gleichberechtigung also dafür, diejenigen Formen der FGM oder von anderen Körpermodifikationen als elterl. Recht zu sehen, die in ihren Auswirkungen weniger gravierend zu der Beschneidung von Jungen sind, insb. wenn sie auch noch religiös begründet werden? Wenn nicht, würde ich gerne Ihre Begründung dafür erfahren. Glauben Sie nicht, dass es eine Geschlechterbenachteiligung ist, wenn Mädchen das Recht beschnitten zu werden, vorenthalten wird oder umgekehrt formuliert, warum genießen Jungen in Ihren Augen nicht den gleichen und vollständigen Schutz ihrer Genitalien wie Mädchen?

Weiter schreiben Sie "dass Eltern weiterhin eine relig. Beschn. nach den Regeln der ärztl. Kunst bei ihrem Sohn durchführen lassen können sollen". Der §1631d BGB lässt aber nicht nur religiöse Beschneidungen sondern Beschneidungen aus beliebigem Grunde zu, also auch etwa zur Unterbindung der Masturbation. Auch wenn es theoretisch unter dem Vorbehalt des Kindeswohls steht, so bietet das Gesetz Jungen faktisch keinerlei Schutz vor einem solchen Mißbrauch. Halten Sie dies für einen hinnehmbaren Kollateralschaden?

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Hoos,

ich bedanke mich für Ihre Nachricht.

In der Debatte ist zwischen der Beschneidung bei Jungen und Mädchen ganz grundsätzlich zu unterscheiden. Eine Beschneidung bei Jungen wird auch unabhängig von der Religion, zum Beispiel aus hygienischen Gründen durchgeführt. Sie hat praktisch keine beeinträchtigenden, wenn auch verändernde Folgen.

Die Beschneidung von Mädchen hingegen hat tiefgreifende negative gesundheitliche Auswirkungen und zerstört die sexuelle Empfindungsfähigkeit der Frauen. Hier werden die äußeren weiblichen Geschlechtsorgane teilweise oder ganz entfernt oder verstümmelt, sehr oft wird die Vaginalöffnung vernäht und damit verengt. Die Genitalverstümmelung bei Mädchen und Frauen ist eine schwere nicht zu rechtfertigende Körperverletzung, die keine Religion fordert. Sie ist mit der männlichen Beschneidung nicht zu vergleichen. Wir setzen uns seit langem entschieden gegen die Genitalverstümmelung von Mädchen und Frauen ein.

Mit freundlichem Gruß
Renate Künast.

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