Frage an Renate Künast von Rainer D. bezüglich Umwelt
Hallo Frau Künast,
bei aller Liebe zur grünen Philosophie frage ich Sie, warum Sie nichts gegen den landraubenden Palmölanbau und den damit verbundunen Orang-Utan-Massenmord in Asien unternehmen.
Ich verstehe das nicht und bitte freundlicherweise um Mitteilung, ob Sie sich für deratige Mißstände überhaupt noch engagieren werden.
MFG
Rainer Dedie
Sehr geehrter Herr Dedie,
vielen Dank für Ihre Anfrage über abgeordnetenwatch.de.
Sie haben völlig Recht: die Zerstörung der Regenwälder und damit der Lebensräume von Menschenaffen wie dem Orang-Utan ist eine schreckliche und inakzeptable Entwicklung. Mit "grüner Philosophie", die Sie in ihrer Frage ansprechen, hat diese rücksichtslose und nicht-nachhaltige Wirtschaftsweise allerdings nichts zu tun.
Wir Grünen sind überzeugt, dass nachwachsende Rohstoffe durchaus ein zentraler Baustein für künftiges nachhaltiges Leben und Wirtschaften sind. Der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen darf dabei jedoch ebenso wenig in Frage gestellt werden wie der Vorrang der Lebensmittelproduktion auf entsprechenden Flächen. Fakt ist: Klimawandel und weltweite Bevölkerungszunahme stellen uns vor so große Herausforderungen, dass der vollständige Umbau unserer Energieversorgung und unseres Verkehrs auf erneuerbare Energien nur dann gelingen wird, wenn wir mittelfristig bis 2050 auch auf den Einsatz von Bioenergien bzw. Biotreibstoffen setzen. Weg vom Öl werden wir nur kommen, wenn wir die Petrochemie durch „Biokunststoffe“ ersetzen.
Wird pflanzliche Biomasse unter hohem Einsatz von Pestiziden und mineralischen Stickstoffdüngern in Monokulturen angebaut oder wird zur Erschließung zusätzlicher Flächen Grünland umgebrochen, verschlechtert sich jedoch ihre Klimabilanz dramatisch. Sie wird sogar insgesamt negativ, wenn kostbarer Tropenwald abgeholzt wird, um z.B. dort Palmölplantagen für die Kraftstoffproduktion anzulegen. Das sind Fehlentwicklungen, die die Klimaschutzpotenziale der Biomassenutzung konterkarieren und denen massiv entgegengewirkt werden muss.
Über den gesamten Produktions- und Lebenszyklus des Produkts bzw. des Energieträgers muss eine positive Klimabilanz sichergestellt sein. Anbau und Nutzung von Biomasse müssen generell so gestaltet werden, dass der Naturhaushalt der Erde erhalten bleibt. Dazu müssen sie naturgerecht ausgestaltet werden und es darf den Ökosystemen nicht zu viel Biomasse entzogen werden. Großräumige Schutzgebiete zum Erhalt der Biodiversität müssen erhalten bzw. geschaffen werden. Aber auch in der Fläche muss die Nutzung so erfolgen, dass die biologische Vielfalt erhalten bleibt. Importe von Biomasse sollen daran geknüpft werden, dass diese anspruchsvollen Nachhaltigkeitskriterien erfüllt werden. Solange dies im Rahmen der WTO nicht umfassend gewährleistet werden kann, wollen wir das im ersten Schritt bei allen bilateralen internationalen Verträgen und Vereinbarungen zur festen Bedingung machen.
Wir Grünen wollen, dass die Europäische Union dafür Sorge trägt, dass in bilateralen Verträgen mit Partnerländern oder Staatengruppen in Übersee Nachhaltigkeitskriterien für den Handel mit Agrar- und Holzprodukten verankert werden. Analog zu den Zertifizierungssystemen für biogene Kraftstoffe und flüssige Biomasse muss die EU Nachhaltigkeitsverordnungen für den gesamten Biomasseimport erarbeiten und dabei die Schwachstellen der vorliegenden Verordnungen wie den Mangel sozialen, menschenrechtlichen und ökologischen Anbaukriterien und die Nicht-Berücksichtigung von indirekten Landnutzungsänderungen beheben.
Mit freundlichen Grüßen
Renate Künast