Frage an Renate Künast von Frank B. bezüglich Jugend
Sehr geehrte Frau Künast,
heute durfte ich lesen, dass Sie zusammen mit Herrn Beck in der Berliner Zeitung " eine differenzierte Betrachtung der grundrechtlichen Kollisionslage zwischen dem Schutz körperlicher Unversehrtheit der minderjährigen Jungen, dem Erziehungsrecht der Eltern und der Religionsfreiheit werben".
Ich möchte Sie nun fragen, wie das gehen soll. Denn die Beschneidung von Jungen ist sehr wohl mit späteren körperlichen Einschränkungen verbunden - als Spät-Beschnittener (20 Jahre) weiß ich, wovon ich rede. Sollten nicht die Regeln des Rechtsstaats für alle gleichermaßen gelten - männliche Säuglinge und Kinder eingeschlossen? Wie wollen Sie erklären, dass Beschneidungen von männlichen Säuglingen aus nicht-medizinischen Gründen straffrei sein sollen, sämtliche anderen Körperverletzungen aber strafbewehrt?
Beste Grüße
Frank Brennecke
Sehr geehrter Herr Brennecke,
Beschneidungen erfüllen zwar den Tatbestand der Körperverletzung, dennoch muss die Frage gestellt werden, ob es Rechtfertigungsgründe einschlägig sind. Im Mittelpunkt steht dabei eine Abwägung zwischen dem Recht auf körperliche Unversehrtheit, dem - dem Kindeswohl verpflichteten - Erziehungsrecht der Eltern und dem Recht auf Religionsfreiheit. Nach einer intensiven Diskussion ist die Mehrheit des Bundestages ist zu dem Entschluss gekommen, dass Eltern weiterhin eine religiösen Beschneidung nach den Regeln der ärztlichen Kunst bei ihrem Sohn durchführen lassen können sollten.
Die Beschneidung von Jungen ist für viele ein wichtiger Bestandteil des Judentums und des Islams und in wichtigen religiösen Schriften, wie der Thora oder der Sunna, festgeschrieben. Es gibt durchaus auch innerhalb des Judentums und des Islams Diskussionen über Änderungen in der Beschneidungspraxis. Diese Reformen müssen allerdings innerhalb der Religionsgemeinschaften durchgeführt werden. Es kann und darf nicht Aufgabe des Staates sein in die Art der Religionsausübung einzugreifen.
Das Thema ist auch bei uns in der Fraktion sehr kontrovers diskutiert worden. Gewissensfragen, welche die Ethik, Moral oder religiösen Betrachtungen Einzelner betreffen, werden in unserer Fraktion nicht durch Mehrheitsbeschluss entschieden.
Mit freundlichen Grüßen
Renate Künast