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Renate Künast
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Frage von Bernd K. •

Frage an Renate Künast von Bernd K. bezüglich Familie

Sehr geehrte Frau Künast,

unter Focus online vom 09.11.2009 ( http://www.focus.de/politik/deutschland/kabinett-wachstum-per-gesetz-_aid_452376.html ) werden Sie zitiert mit den Worten: "Vom erhöhten Kindergeld werde kein Cent bei Hartz-IV-Beziehern landen, weil das Kindergeld voll angerechnet werde. "

Ich darf Ihnen mitteilen, dass auch die mit dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz verbundenen höheren Unterhaltsleistungen für Kinder voll auf den Regelsatz angerechnet werden und statt bei den Kindern im Staatshaushalt landen.

Ihre Empörung ist insoweit verständlich.

Allerdings: Das Hartz-IV-Gesetz ist unter Rot-Grün, mit Zustimmung der anderen Parteien, beschlossen worden. Warum haben Sie sich seinerzeit dafür entschieden, Hartz-IV-Kindern jegliche Verbesserung ihrer Lage zu verwehren? Was war der Sinn dieser Festlegung?

Mit freundlichen Grüßen

Bernd Kaiser

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Kaiser,

das Kindergeld als Leistung, die die Unterhaltslasten der Eltern mindern soll, muss aus verfassungsrechtlichen Gründen auf die Leistungen des SGB II angerechnet werden, die ebenso dem Unterhalt der Kinder dienen. Darum haben wir Grüne uns bereits im Vorfeld der Einführung des SGB II für eine Kindergrundsicherung stark gemacht. Sie sollte das Kindergeld für einkommensschwache Familien aufstocken. Diese Idee griff der von Rot-Grün eingeführte Kinderzuschlag von bis zu 140 Euro zum Arbeitslosengeld II auf. Doch die SPD setzte als stärkerer Koalitionspartner so weitgehende Änderungen durch, dass der Kinderzuschlag nur eine sehr geringe Reichweite entfaltete, also zu wenigen Kindern und Familien zugute kam.
Nachteile des Kinderzuschlags waren die Befristung, die engen Einkommensgrenzen, der zu enge Kreis der Begünstigten, die Altersbegrenzung für die Kinder, die starke Anrechnung von übersteigendem Einkommen, das bürokratische Verfahren und zum Teil absurde Verrechnungen. Darum setzen wir uns jetzt für eine echte Kindergrundsicherung für alle Kinder ein, unabhängig davon wie reich oder arm ihre Eltern sind. Sie soll das soziokulturelle Existenzminimum und Freibeträge für Beziehung und Betreuung umfassen. Bei Kindern im SGB-II-Bezug soll sie Regelsätze für Kinder ersetzen und deutlich höher sein. Mit der Kindergrundsicherung fielen die Anrechnungsprobleme weg. Zur Gegenfinanzierung wollen wir das Ehegattensplitting abschmelzen, damit die Familienförderung auch wirklich bei den Kindern ankommt - egal, ob ihre Eltern verheiratet sind oder nicht.
Ich habe kritisiert, dass die Regierung in der Krise reiche Familien begünstigt und arme nicht. Es gibt sogar noch eine Abstufung zwischen den Familien, die Kindergeld erhalten und denen, die mehr verdienen und direkt vom Freibetrag profitieren. Die werden noch mal mehr entlastet als die, deren Kindergeld erhöht wird.
Ich habe aber nicht dafür plädiert, das Kindergeld nicht mehr auf Leistungen des SGB II anzurechnen, da halte ich die Kindergrundsicherung für besser (s.o.). Sie ist allerdings ein Projekt, dessen Umsetzung noch eine Weile auf sich warten lassen wird. Darum denke ich, wir sollten jetzt, in der Krise, das Geld sorgfältiger verteilen. Es wäre viel sinnvoller und gerechter gewesen, die Regelsätze für Kinder und Jugendliche so anzupassen, dass sie ihren tatsächlichen entwicklungsbedingten Bedarf decken.
Perspektivisch streben wir als Grüne ein Modell einer umfassenden Kindergrundsicherung an, welches die Kinder in den Mittelpunkt rückt und ihre Bedarfe tatsächlich deckt.

Mit freundlichen Grüßen
Renate Künast
Fraktionsvorsitzende

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