Frage an Renate Künast von Peter S. bezüglich Verbraucherschutz
Sehr geehrte Frau Künast,
wie dem Internet zu entnehmen ist, präsentieren sich die Grünen ja in diesem Wahlkampf auch als mustergültige Bürgerrechtspartei.
Quelle: http://www.gruene.de/einzelansicht/artikel/das-spiel-ohne-sieger.html
Ich erinnere mich aber sehr gut an das – den Abbau der Bürgerrechte betreffende – Abstimmungsverhalten der Grünen zu Zeiten der rot-grünen Koalition.
Das wesentliche Fundament des von Schily und später Schäuble vorangetriebenen Paranoiapaketes wurde bekanntlich auch mit den Stimmen der Grünen gelegt. Die Erfassung biometrischer Merkmale in Pässen und Personalausweisen, akustische Wohnraumüberwachung sowie die Abschaffung des Bankgeheimnisses um mal einige Beispiele zu nennen.
Quelle: http://www.daten-speicherung.de/wiki/index.php/Abstimmungsverhalten
Aus dieser Diskrepanz zwischen Anspruch und Handeln ergibt sich meine leicht suggestive Frage, um deren Beantwortung ich Sie höflich bitten möchte: Gab es innerhalb der Partei einen zu begrüßenden Meinungswandel oder zielt das aktuelle Bürgerrechts-Engagement der Grünen vornehmlich stimmenfängerisch auf noch unentschlossene potentielle Wähler der Piratenpartei?
Wie soll ich, als klassischer Grün-Wähler, mit diesem Widerspruch umgehen?
Mit freundlichen Grüßen
Peter Scherbarth
Sehr geehrter Herr Scherbarth,
vielen Dank für Ihre Frage.
Schwarz-Rot hat in den letzten vier Jahren unter ganz anderen Bedingungen Raubbau an den Grundrechten betrieben. Was Grüne seinerzeit in schwierigsten Verhandlungen mit Otto Schily (SPD) nach dem 11. September 2001 als bürgerrechtlichen Schutz in die Gesetze geschrieben haben (Befristung, Evaluierung etc.), hat die Große Koalition alles wieder über den Haufen geworfen.
Es gibt weder einen "Meinungswandel" noch einen "Widerspruch" in der Frage der Bürgerrechte bei den Grünen. Wir haben vielmehr dafür geworben, dass sich die gesellschaftliche Anerkennung von Bürgerrechten insgesamt verbessert. Und wir haben in der Opposition wenigstens erreicht, dass Bürgerrechte wieder stärker im gesellschaftlichen Bewusstsein verankert sind.
Wir Grüne haben uns in dieser Wahlperiode den Slogan "Meine Daten gehören mir!" zu eigen gemacht, damit der Datenklau durch Bahn, Telekom, Bahn, Google & Co. endlich aufhört. Die Änderung des Datenschutzgesetzes war zunächst auf einem richtigen Weg, bis ausgerechnet die Koalitionsfraktionen ihn wieder zerpflückt haben. Diese Bundesregierung schickt in einer Kampagne allen Ernstes einen "webman" gegen einen virtuellen "Data-Devil" ins Rennen - aber die eigentlichen Datendiebe sitzen in der Regierung.
Die FDP setzt sich ebenfalls eher für die Interessen der Chefs und Manager, als für den Datenschutz ihrer Beschäftigten ein. Die Landesregierungen mit FDP-Beteiligung zeigen den geringen Stellenwert, den die heutige FDP diesem Thema beimisst.
Wir Grüne stehen in der Tradition des Volkszählungsurteils und der Bürgerrechtsbewegung der Friedlichen Revolution. Ich bin der Meinung, dass wir uns hier überhaupt nicht verstecken müssen: Nicht vor Innenminister Schäuble und seinen Trojanern, nicht vor anderen Parteien und erst recht nicht vor der FDP.
Mit freundlichen Grüßen
Renate Künast