Frage an Renate Künast von Axel und Anne B. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Künast,
seit fünf Jahren verfolge ich bereits die politischen Bemühungen um ein Patientenverfügungsgesetz. Es gab dabei viele Verzögerungen, Durststrecken, aber auch interessante Ansätze. Nun scheint das Vorhaben zu scheitern - und das an politischen Eitelkeiten. Das will ich nicht hinnehmen! Bei diesem Thema geht es um mein Leben und um mein Sterben und darum, beides zu gestalten. Es muss endlich Sicherheit geben. Ich möchte ein Dokument verfassen können, das dann verbindlich ist, wenn ich mich selbst nicht mehr äußern kann. Im Augenblick versinken Betroffene, Angehörige, Ärzte und Vormundschaftsrichter tief im ethischen und juristischen Treibsand. Denn es hängt vom Richter und damit vom Zufall ab, wie Entscheidungen über lebensverlängernde Maßnahmen ausfallen. Bitte denken Sie an die mehr als neun Millionen Menschen, die bereits eine Patientenverfügung verfasst haben! Ich bin mir sicher: Weit mehr hätten gern ein solches Dokument, bezweifeln aber, dass sich Ärzte im Ernstfall daran halten würden. Das sind unhaltbare Zustände, die nur durch ein Gesetz geändert werden können. Jeder der in den Bundestag eingebrachten Gesetzentwürfe bedeutet eine Verbesserung gegenüber der derzeitigen Praxis.
Nehmen Sie Autonomie und Fürsorge am Lebensende ernst, und entscheiden Sie jetzt! Es ist Ihre Pflicht, sich dafür einzusetzen, dass noch in dieser Legislaturperiode ein Patientenverfügungsgesetz verabschiedet wird!
Bitte informieren Sie mich über Ihre Position zu diesem Thema - und wie Sie weiter vorgehen werden.
Mit freundlichen Grüßen
Anne und Axel Böttcher
Sehr geehrte Frau, sehr geehrter Herr Böttcher,
die Debatte und die Abstimmung über die Gruppenanträge und Gesetzentwürfe zum Thema Patientenverfügung haben ja bereits stattgefunden. Ich persönlich habe den Gesetzentwurf von Katrin Göring-Eckardt, Wolfgang Bosbach und anderen unterstützt, der leider keine Mehrheit bekommen hat.
Die meisten Abgeordneten waren sich einig darüber, dass eine rechtliche Regelung zur Patientenverfügung notwendig ist. Natürlich ist es richtig, dass Menschen über ihre Behandlung oder Nichtbehandlung am Lebensende selbst entscheiden können. Auch ich bin dieser Auffassung. Die großen Meinungsverschiedenheiten zwischen den Gesetzentwürfen bestanden an dem Punkt, wo der Betroffene sich nicht mehr selbst äußern kann. Also bei Menschen, die schwer dement sind oder im Wachkoma liegen. Wie bindend soll für sie eine Patientenverfügung sein? Soll man sich bei einer Frage, bei der es um Leben und Tod geht, wirklich auf ein Schreiben verlassen, was vielleicht schon älter ist oder sich nicht genau festlegt? Und ist es nicht auch denkbar, dass ein Kranker anders über seinen Zustand denkt, als er es noch zu Zeiten getan hat, als er gesund war? Auf diese Fragen gibt der jetzt verabschiedete Entwurf von Joachim Stünker aus meiner Sicht keine befriedigende Antwort. Dazu kommt, dass Selbstbestimmung für schwer Kranke und Sterbende nur möglich in Verbindung mit anderen Menschen, einfach, wie sie auf die Fürsorge andere angewiesen sind. Ob eine Patientenverfügung vorliegt oder nicht – am Ende müssen bei Menschen, die sich nicht mehr äußern können, immer Dritte den Willen des Betroffenen erforschen. Deshalb wäre es richtig gewesen, die Vertrauensperson im BGB gesetzlich zu stärken.
Mit freundlichen Grüßen
Renate Künast