Frage an Renate Gradistanac von Kai G. S. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Gradistanac,
mit großer Besorgnis beobachte ich die derzeitige Demontage des rechtstaatlichen Fundamentes unseres Landes.
Dr. Wolfgang Schäuble, zu dessen Aufgaben im BMI der Schutz der Verfassung gehören sollte, höhlt deren Grundrechte und damit den Kern der deutschen Rechtsordnung aus.
Der nun vorgelegte "Schäuble-Katalog" ist in jeder Hinsicht untragbar. Die kritischen Stimmen Ihrer Fraktion werden bereits leise, ein Herr Stegner erklärte gar gegenüber dem Deutschlandfunk:
Zur Online-Durchsuchung von Computern: "Ich bin da noch überhaupt nicht überzeugt, dass das notwendig ist."
Weiter führt Stegner aus: "Ich meine man kann über manches ja reden. Zum Beispiel das Thema mit den Mautdaten für LKW."
Wir reden hier zusammen mit der Datenspeicherung von Kommunikationsverbindungen auf Vorrat von einem flächigen, Orwellschen Überwachungsstaat.
Allgemein gesprochen möchte Dr. Schäuble alle Staatsbürger unter einen Generalverdacht stellen, frei nach dem Motto: Was wir nicht kontrollieren können, ist verdächtig. Jeder ist verdächtig, bis seine Unschuld bewiesen ist. Dr. Schäuble im Stern wörtlich zum Thema Unschuldsvermutung: "Der Grundsatz kann nicht für die Gefahrenabwehr gelten.".
Kann er nicht?
Aus einem Aufruf der Humanistischen Union von 1978: „Man bekämpft die Feinde des Rechtsstaats nicht mit dessen Abbau, und man verteidigt die Freiheit nicht mit deren Einschränkung“,
Burkhard Hirsch schreibt in der Süddeutschen, er sehe in der von Schäuble geplanten Sicherheitsarchitektur die Verwandlung der Bundesrepublik in einen Überwachungsstaat: "Die Zeit freundlicher Kritik und ständiger Mahnung, bei der Terrorismusbekämpfung Augenmaß zu wahren, geht zu Ende. Nun ist Widerstand geboten."
Was werden Sie tun, was wird Ihre Fraktion tun, um diesen Besorgnis erregenden Entwicklungen entgegen zu wirken?
Mit besten Grüßen aus Wildberg
Kai G. Schwebke
Sehr geehrter Herr Schwebke,
vielen Dank für Ihre Frage bei abgeordnetenwatch.de.
Lassen Sie mich zunächst einmal ebenfalls mit einem Zitat antworten und zwar mit einem Auszug aus dem Beschluss des SPD-Parteivorstandes vom 23.04.07: „Jede zusätzliche Forderung nach neuen Maßnahmen oder schärferen Gesetzen muss nicht nur dahingehend geprüft werden, ob sie tatsächlich mehr Sicherheit bringen könnten, sondern Sie müssen auch mit den Grundwerten unserer bewährten Verfassung vereinbar sein.“
Ich teile die Auffassung des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, dass es eine der wichtigsten Aufgaben des demokratischen Rechtsstaates ist, die Freiheitsrechte seiner Bürger zu schützen und zu wahren.
Bei der Debatte zur Überarbeitung der Sicherheitsgesetze darf die Balance zwischen Freiheit und Sicherheit nicht in Frage gestellt werden. Notwendig ist eine verfassungskonforme Abwägung zwischen den Freiheitsrechten der Bürgerinnen und Bürger und den für die Terrorismus- und Kriminalitätsbekämpfung notwendigen Mitteln
Dies gilt es auch beim Thema Vorratsdatenspeicherung zu bedenken. Daher wird es im parlamentarischen Verfahren sicherlich noch erheblichen Diskussionsbedarf geben.
Frank Durstewitz hat mich über dieses Forum bereits nach meiner Meinung zu Online-Durchsuchungen befragt. Ich verweise Sie daher auf meine Antwort vom 20.02.07.
Mit freundlichen Grüßen
Renate Gradistanac